Mit der Kettensäge auf dem Holzweg

Stolz reckt sich die Milter Mühle gegen den stahl­blauen Himmel. Ein ruhiger Ort, mitten in einem kleinen Industriegebiet. Am Himmel kreisen ein paar Krähen. Fast scheint es, als würden sie ihre hölzernen Artgenossen beobachten, die es sich vor der heute flügellosen Mühle auf schrägen Sitzmöbeln gemütlich gemacht haben. Der Bielefelder Klaus Seliger hat vor bald vier Jahren hier seine künstlerische Heimat gefunden. Mit ihm eingezogen sind auch zahlreiche seiner skulpturalen Werke.

Wenn Klaus Seliger an seinen Kunstwerken arbeitet, dann fliegen im wahrsten Sinn des Wortes die Späne, kreischt die Kettensäge, die sich trotz ihres martialischen Auftritts filigran durch riesige Baumstämme fräst. Dann ist es mit der Ruhe im beschaulichen Warendorfer Stadtteil vorbei. Schaut man sich die Kunstwerke, die bei solchen Sägeattacken entstehen, schließlich an, bekommt die Redewendung „aus besonderem Holz geschnitzt sein“ eine ganz neue Bedeutung.

Klaus Seliger, im Februar 1962 in Paderborn geboren, hat zunächst andere berufliche Pläne. Er studiert visuelle Kommunikation und Grafikdesign an der Fachhochschule Bielefeld. „Das war aber nicht mehr meins, als die ersten Computer aufkamen.“ In einer Tischlerausbildung sieht er eine Chance, seinem handwerklichen Schaffensdrang besser nachgehen zu können. Im Laufe der Zeit bemerkt er jedoch, dass ihn die Vorgaben im Tischlerhandwerk und insbesondere im Möbelbau in ein zu enges Korsett zwängen.

Unzufrieden mit dem starren Angestelltendasein kommt die Initialzündung vor 20 Jahren. Seliger entdeckt im Überseemuseum in Bremen die Werke des israelischen Künstlers Natanel Gluska. Fasziniert ist Seliger vor allem von einem barocken Sessel, den Gluska aus einem Stück Ulmenholz geschnitzt hat. „Der Sessel ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Da ich keine Kamera dabeihatte, habe ich das Ding einfach abgezeichnet. Es hat erst Jahre später gezündet, als ich unzufrieden war mit meinem Job. Durch eine Gärtnerkollegin bekam ich die erste Kettensäge in die Hand.“

Inspiriert von seinem Vorbild Gluska entstehen erste künstlerische Skulpturen, schräge, manchmal nicht besonders bequeme Möbel, die schnell zu Liebhaberobjekten werden. Erste Kunden findet Klaus Seliger während einer Ausstellung in Hamburg. „Die Kunden dort hatten einen gesteigerten Bedarf an schrägen Möbelskulpturen“, sagt der Künstler. Die wirtschaftliche Grundlage ist gelegt. In einer Übergangsphase werden die Möbel Seligers schließlich jedoch immer langbeiniger. „Ich hatte eine Dreiergruppe langbeiniger Stühle, die man eher als eine Antilopenart ansehen konnte. Die wirkten, wenn man in den Raum kam, als würden sie erschreckt in die Ecke laufen. Das war dann der Weg zur Figur.“

Im Laufe der Zeit werden seine Skulpturen immer mystischer, erinnern mitunter an surrealistische Gemälde des spanischen Künstlers Salvador Dalí, wenn Seligers Stühle mit ihren giraffenlangen Beinen scheinbar durch die Welt zu staksen scheinen. Und überhaupt ist der Stuhl ein wichtiges Utensil, auf dem er seinen tierischen Skulpturen eine Bühne bereitet. „Ein Stuhl erzählt einerseits eine Geschichte, wird jedoch andererseits zur Absurdität, wenn dort kopulierende Hasenpärchen auf ihm sitzen“, sagt der Künstler verschmitzt lächelnd. Mit erklärenden Titeln indes hat es Seliger nicht so sehr. Ihm ist es wichtiger, was der Betrachter vor seinem eigenen geistigen Auge aus den Werken interpretiert. Es ist ja letzten Endes auch viel spannender, sich selbst eine Geschichte auf seine Tierskulpturen zusammenzureimen.

Tod und Verderben, Beginn des Lebens, Anfang und Ende – allein der schwarze Rabe, der gleich einem Voyeur auf einer Stuhllehne thront und eine Hasenhochzeit beobachtet, lässt viel gedanklichen Spielraum zu. Vor allem der Rabe und seine Kollegin, die Krähe, haben es dem Künstler angetan, sind ein wichtiges Motiv in seinem Schaffen. „Krähen sind mythologisch aufgeladen, als intelligent bekannt und in vielen Kulturen positiv und negativ besetzt. Das hat mir Spaß gemacht, die Persönlichkeit dieser Vögel zu untersuchen und herauszuarbeiten.“

Seine außergewöhnliche Reise auf seinem Holzweg vom Tischler zum renommierten Künstler zeigt, dass die Kunst des Holzbildhauens ebenso vielschichtig und unvorhersehbar sein kann, wie die Skulpturen selbst.

Atelier Seliger - Milter Mühle
Ostmilter Straße 27, 48231 Warendorf-Milte
Mobil: 0160 8562144
E-Mail: gestaltung@klausseliger.de
Internet: www.klausseliger.de
Instagram: @selig.er

Text und Fotos: Andreas Poschmann


Am Anfang steht ein Stein

 Die Bildhauerei ist eine schweißtreibende Kunst. Bernd Bergkemper liebt den künstlerischen Prozess. Inmitten tierischer Kunst steht eine Fender Stratocaster in der Ecke, links daneben ein schwarzer Verstärker. „Hier kann ich richtig Krach machen. Ich spiele zwar nicht schön, dafür aber laut“, sagt Bernd Bergkemper mit Blick auf die „Stromgitarre“ lachend. „Und beschwert hat sich bisher noch niemand.“ Der Langenberger liebt Hardrock der alten Schule, wie von den Rockbands „Led Zeppelin“ und AC/DC. Mit seichter Popmusik kann er nicht viel anfangen. Die Gitarre hingegen nimmt er gern zur Hand, wenn er nach einem anstrengenden und arbeitsreichen Tag ein wenig Zerstreuung und Entspannung sucht.

Dem Langenberger Künstler wurde seine Berufung der Steinbildhauerei bereits in die Wiege gelegt, als er 1957 das Licht der Welt erblickte. Denn bereits sein Vater Heinz (1925-2001) war ein Meister vor allem der sakralen Bildhauerkunst und zählt zu den wichtigsten Künstlern der Region. Eines seiner Werke – ein Relief – hängt im Warendorfer Kreishaus.

Schon früh übte sich der junge Bernd in der Werkstatt seines Vaters in ersten Tonmodellen. Sein Talent blieb da nicht lange unentdeckt, es sollte eine Lehre zum Holzmechaniker in Halle am Teutoburger Wald folgen. Der Wunsch, es seinem Vater gleichzutun und Bildhauer zu werden, der war zwar bereits vorhanden, doch vorher absolvierte Bernd Bergkemper sein Fachabitur an der Fachoberschule für Gestaltung (heute Adolph-Kolping-Berufskolleg) in Münster und studierte Kunsttherapie und Kunstpädagogik an der Fachhochschule in Ottersberg, „als Absicherung, falls es mit der Kunst mal nicht klappen sollte.“

Der noch junge Künstler wollte nicht einfach nur in die Fußstapfen seines Vaters treten, sondern hatte bereits eigene konkrete Ideen, Wünsche und Ziele. Das Studium lief für Bergkemper, so wie er sagt, „nebenbei ab“ und stellte für ihn keine wirkliche Herausforderung dar. Er hält es rückblickend für überflüssig. Denn seine Befürchtungen, dass er von seiner Kunst eventuell nicht würde leben können, sollten sich nicht bewahrheiten. Bereits in jungen Jahren trat er in den Kreiskunstverein Beckum-Warendorf ein, in dem er noch heute Mitglied ist. Seine erste Ausstellung im Museum Abtei Liesborn war nicht nur die Initialzündung, sondern brachte erstes Renommee und Aufträge rein. Zudem besaß ein Freund eine Galerie am Ku’damm in Berlin, in bester Lage im Dunstkreis schillernder Persönlichkeiten wie Starfriseur Udo Walz. „Das war der reine Wahnsinn. Da kamen Japaner und Amerikaner rein, die haben alles gekauft, was sie bekommen konnten“, erinnert sich Bergkemper an die Anfänge. „Von da an lief es fast wie von selbst.“

Noch heute gehen dem Künstler die Ideen nicht aus. Die bringt er zunächst als grobe Skizze aufs Papier – ob eine alte, ausgediente Tageszeitung, ein Stückchen Karton oder sonst ein bemalbares Material, ist ihm dabei relativ egal. Im Anschluss erstellt Bergkemper dann zunächst ein Tonmodell von seiner Idee.

Bergkempers bevorzugtes Material ist der sogenannte Diabas, ein Gestein vulkanischen Ursprungs, das er aus Hessen in geschnittenen Blöcken anliefern lässt. Der Stein hat eine ungewöhnlich hohe Dichte und gilt als besonders witterungsbeständig. Auch als Grünstein bekannt, wurde Diabas bereits in der Steinzeit zu Werkzeugen wie Klingen, Äxten oder Beilen verarbeitet. Da sich der Stein handwerklich gut verarbeiten lässt, wurden aus ihm früher auch gern Säulen, Denkmäler oder Grabsteine gefertigt. Er findet ebenso Verwendung im Straßenbau, ferner ist der polierte Diabas auch als der „Handschmeichler“ bekannt.

Sein größtes Kunstwerk ist ein lebensgroßes Nashorn, das im Eingang seiner Werkstatt Wache hält. Ein Gesteinsblock von 16 Tonnen, von dem nach der Bearbeitung schließlich nur sechs Tonnen übrigblieben, hat der Künstler so im Laufe eines Jahres zu einem imposanten und beeindruckenden Kunstwerk geformt. Auch kleinere Werke, wie eine Raubkatze, die ganz entspannt in seiner Galerie liegt, bringen aufgrund der hohen Dichte des Steins ein beachtliches Gewicht von 50 Kilogramm und mehr auf die Waage.

Bernd Bergkemper
Eichenstraße 28
33449 Langenberg
Telefon +49 (0) 52 48 433
Email: info@abstrakte-tierskulpturen.de
Internet: www.abstrakte-tierskulpturen.de

Text und Fotos: Andreas Poschmann


Kunst, Blaupause der Natur

Das Tier im Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens. Wir stellen kreative Köpfe vor: Friedel Kreuzberg.

Er ist gelernter Maschinenbauer, war Soldat, Extremkletterer, Bergretter und Drachenpilot. Friedrich „Friedel“ Kreuzberg hat die Welt bereist, machte Station in Ostafrika und Kanada und lebte dort unter Indianern und Inuit. Trotz seiner vielseitigen Interessen und eines bewegten Lebens, hat er sich eines immer bewahrt: die Liebe zur Natur. „Natur ist für mich eine Religion“, sagt Kreuzberg.

Wildschweine, Dachse, Dackel und Fasane – es sind vor allem Tiermotive, die es dem Künstler angetan haben. Eindrucksvoll und mit unglaublich feinem Pinselstrich gibt Kreuzberg seine erlebten Motivwelten, die ihn unter anderem auf seinen Reisen nach Kanada beeindruckten, fotorealistisch wieder.

1942 in Düsseldorf-Eller geboren, interessierte sich der Maler, Grafiker und Bildhauer bereits im zarten Alter von sechs Jahren für die Natur und die Malerei. Immer wieder zog es ihn zu einer Galerie in der Rheinmetropole, in der Naturdarstellungen ausgestellt waren. Schließlich besorgte sich Friedrich Kreuzberg ausrangierte Tapetenbücher, deren Rückseite er als Zeichenblatt nutzte. „Die ersten Buntstifte hat meine Mutter auf dem Schwarzmarkt für mich besorgt.“ Als Teenager verdiente er sich sein Material dann selbst – als Radschläger auf der Düsseldorfer „Kö“.

Das ist jetzt alles mehr als 30 nationale und internationale Ausstellungen her. Auch wenn sich Kreuzberg immer noch ganz bescheiden „Hobbymaler“ nennt, so ist er dennoch in der Kunstszene kein Unbekannter. Er ist Kind der ersten Stunde der mittlerweile aufgelösten Ahlener „Künstlergruppe 94“ und Mitbegründer des Kunstfördervereins „Pit-Weber-Stiftung“ in Oelde. Durch seinen damaligen Mentor und Lehrer Professor Alexander Kwiatkowski fand Friedrich Kreuzberg seinen Weg in den Fotorealismus.

Als Künstler und vor allem Ästhet alter Schule lässt sich Friedel Kreuzberg hingegen nicht gern in eine Schublade stecken. „Wenn ich Lust auf Farbe habe, dann greife ich eben in den Farbeimer.“ Neben der Malerei fertigt Kreuzberg, immer auf der Suche nach der ästhetischen Form, Zeichnungen, Radierungen und auch Plastiken an. Mit seinen Werken will er den Betrachter auf die Schönheit der Natur aufmerksam machen, ihn aber auch kritisch auf ihre Zerstörung hinweisen. „Im Grunde genommen bin ich durch und durch ein Grüner.“ Seine Werke scheinen auf den ersten Blick harmonisch, greifen jedoch nicht selten aktuell brisante Themen auf: die Zerstörung der Natur.

Immer wieder arbeitet Kreuzberg – häufig auf den ersten Blick nicht sichtbar – große und kleine Fundstücke in seine Bilder ein. Und so brachte eines Tages ein „Seesack voller Steine und sonstigem Krempel“ den Künstler arg ins Schwitzen. Nicht etwa, weil er schwer daran zu tragen gehabt hätte. Vielmehr verunsicherte ihn eine jamaikanische Zollbeamtin, die ihn mit unbequemen Fragen löcherte. So wollte diese unter anderem wissen, was er denn mit Federn, Knochen, Holzstücken oder eben besagten Steinen so alles anstellen wolle. Mit seinen Antworten schien die Zöllnerin zufrieden zu sein, denn sie ließ ihn schließlich mitsamt seinem kuriosen Gepäck unbehelligt von dannen ziehen. Doch nicht nur Fundstücke aus der Natur finden sich in den Kreuzbergwerken wieder.

„Als Künstler hat man ja viel Korrespondenz.“ Kein Wunder also, dass der Maler auch Postmarken für sich entdeckt hat. „Jede Briefmarke hat ja eine Vita. Sie überbringt gute wie auch schlechte Nachrichten“, wird Kreuzberg philosophisch. Besonders Marken von Leuchttürmen haben es ihm angetan, aus denen er neue Werke komponiert. „Das hat für mich einen gewissen Erholungswert, da die Bilder insgesamt kleiner sind“, sagt der junggebliebene 80-Jährige.

Zum regelrechten Kulturtreffpunkt ist sein Atelier an der Oststraße in Warendorf geworden. Über vier Etagen finden sich dort Collagen, Skizzen, großformatige Gemälde von Tieren, Pflanzen und Landschaften, Federzeichnungen, Skulpturen und dergleichen mehr. Gerne empfängt der Maler und Grafiker hier seine Gäste und zeigt seine Werke, dank bester Vernetzung, einem internationalen Publikum, dass unter anderem aus Frankreich, Irland oder den Niederlanden anreist. Gerne wird dann auch mal der Tisch mitten auf der Straße, direkt vor seinem Domizil aufgebaut. Bei einem Gläschen Rotwein und Kerzenschein in den Abendstunden lässt es sich dort vortrefflich über Kunst austauschen. Und wenn es mal frisch ums Näschen wird? „Dann trinken wir ein Gläschen Rotwein mehr“, lacht der Künstler.

Friedrich Kreuzberg
Oststraße 29 in Warendorf
Mobil: 0171 6509821
E-Mail: friedrichkreuzberg@gmx.de
Internet: kreuzbergkunst-de.jimdofree.com

Text und Fotos: Andreas Poschmann


Bei „Viechern“ muss jedes Detail sitzen

Das Tier im Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens. Wir stellen kreative Köpfe vor: Wolfgang Lamché.

In der Region und auch darüber hinaus ist er bekannt, wie der sprichwörtliche bunte Hund. Im weitesten Sinn beschäftigt sich Wolfgang Lamché unter anderem mit ebendiesem. „Viecher“ nennt der Ennigerloher Künstler seine Tierskulpturen, die mal groß, mal klein den Betrachter entzücken. Und „Viecher“ ist nicht despektierlich gemeint. Im Gegenteil. Wolfgang Lamché schätzt Tiere, er liebt sie und das sieht man seinen Skulpturen an. Der Ennigerloher Bildhauer hat sich in der Kunstwelt über Jahrzehnte hinweg einen Namen gemacht.

Einerseits begeistern die Tierdarstellungen des 75-Jährigen, andererseits sind es seine einzigartigen Lichtschwingen aus Edelstahl, die das Licht reflektieren und so eine faszinierende Wirkung ausüben, die ihn weltbekannt gemacht haben. Beispielhaft stehen dafür seine wunderschönen abstrakten Bronzen. Sein Skulpturengarten in Ennigerloh, den zahlreiche Tiere aus Bronze bevölkern, ist weit über die Grenzen der Drubbelstadt hinaus bekannt. Seine Werke werden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt – auf der Expo 2000, bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul, in New York, Montreal und auch in Hongkong.

Der Reihe nach. 1947 erblickt Wolfgang Lamché in Hamm das Licht der Welt. Als Schüler verdingt er sich bei einer Werbeagentur und verdient dort nicht nur sein erstes Geld, sondern erhält einen tieferen Einblick in die Welt der Grafik und der künstlerischen Gestaltung. Nach der Reifeprüfung 1966 studiert der junge Lamché in Münster Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität. Sein Studium finanziert sich der Ennigerloher durch die Arbeit bei einem Steinmetz in Ahlen.

Doch so wirklich gefällt ihm sein Studium nicht. „Ich habe rasch festgestellt, dass Betriebswirtschaftslehre für mich nichts ist“, sagt Wolfgang Lamché. Eine Lehre zum Steinmetz scheint ihm, wie sich auch später bestätigen soll, seinen Neigungen und Talenten viel eher zu entsprechen. Offenbar hat es Lamché ziemlich eilig, seine Expertise voranzutreiben, denn die Meisterprüfung schließt er bereits nach vier Jahren ab.

Seit 1970 lebt und arbeitet Lamché als Bildhauer und Objektkünstler in Ennigerloh. „Mir war von Anfang an klar, dass es in die Kunst gehen soll und schon damals war ich Mitglied im Kreiskunstverein Beckum-Warendorf.“ Seine Ehefrau Ulla, sagt Lamché, habe ihn in seinen Vorhaben immer unterstützt. „Vor 35 Jahren war ich dann so weit, dass ich glaubte, von der Kunst leben zu können. Mit meiner Frau zusammen hat das dann auch geklappt.“ Nebenbei hatte der Ennigerloher eine zweite Firma, die sich auf die Restaurierung unter anderem von Wegekreuzen und Skulpturen aus Baumberger Sandstein spezialisierte.

Und das vormals ungeliebte Studium der Betriebswirtschaftslehre soll sich noch auszahlen. Denn was nützt die schöne Kunst, wenn sie den Mann, respektive die Familie, nicht ernähren kann. „Können allein reicht nicht aus. Man muss sehr fleißig sein“, sagt Lamché. Als weiteren wichtigen Baustein seiner Künstlerkarriere nennt er die Präsenz. „Man muss sich, beziehungsweise seine Arbeiten auch zeigen.“ Früh während seiner Schaffenszeit zeigt der Künstler daher seine Arbeiten nicht nur in der eigenen Hausausstellung, sondern ebenso im In- und Ausland.

Die ersten „Viecher“ entstehen bereits in den Anfangsjahren als Auftragsarbeiten – ein Erpel und eine Ente. Wenig später kreiert er eine große Vogeltränke aus rotem Wesersandstein, verziert mit einem bronzenen Pfau. Mittlerweile hat Lamché einen ganzen Zoo mit mehr als 200 Tierskulpturen angefertigt. „Jedes Viech ist eine Herausforderung. Details sind mir hier besonders wichtig.“ In der Tat. Wer seine „Viecher“ genauer unter die Lupe nimmt, wird feststellen, dass die Bronzeskulpturen ihren lebenden Artgenossen unfassbar ähnlich sind, ja fast sogar lebendig erscheinen. Durch seine reiterlichen Aktivitäten in jungen Jahren hat der Künstler selbstverständlich einen besonderen und tieferen Zugang zum Thema Pferd. Viele Pferdeliebhaber lassen sich daher auch von dem Bildhauer ihren Liebling in Bronze anfertigen.

Lamché-Kunstwerke gibt es nicht nur weltweit zu sehen, sondern ebenso in unserer Region. Die Gänsepassage in Oelde oder der Teufelsbrunnen und die beiden Schweinchen auf dem Ennigerloher Marktplatz sind nur einige seiner zahlreichen Arbeiten, die im hiesigen öffentlichen Raum die Menschen erfreuen. Die Stadt Rüthen hat zwei Esel bekommen und das Deutsche Olympische Komitee für Reiterei (DOKR) in Warendorf einen Jubiläumsstein zum 100-jährigen Bestehen – nebst einer Ausstellung im Museum Historisches Rathaus ebenda. Dauerausstellungen unterhält der Künstler unter anderem auf Juist, Sylt, am Gardasee sowie in

Wolfgang Lamché
Bildhauer
Ostenfelder Straße 32, 59320 Ennigerloh
Telefon: +49 (0) 2524 75 00
E-Mail: info@lamche.com

Text und Fotos: Andreas Poschmann, Fotos: Andreas Poschmann, privat


Dieses Spielzeug ist Liebe aus Holz

Ob Ritterburg, Beißring, Kinderstuhl oder Hus: Als eine der letzten Firmen in Deutschland produziert Familie Stock Holzspielzeug

Eine Bandsäge kreischt, die Absauganlage donnert gnadenlos, ein elektrischer Hobel lässt bei Materialkontakt das Blut in den Adern gefrieren. Feiner Staub wirbelt durch die Luft, zu allem Überfluss tönt Bluesrock in Megadezibilstärke aus den Lautsprecherboxen. Iris und Norbert Stock schieben konzentriert ein stattliches Stück Holz gemeinsam durch die Maschine. Ein prüfender Blick. Kontrolle, dann kehrt auf Knopfdruck Ruhe ein. Hör- und Mundschutz werden beiseitegelegt. Was wie überdimensionale Mikadostäbe wirkt, ist geformte Meterware für Naturholzstühle.
Kinder, die einen neugierigen Blick in Werkstatt und Lager in Stromberg werfen, laufen Gefahr, sich dort in ihren Träumen zu verlieren. Raumgröße und ruhende Maschinen üben eine Faszination auf Mädchen und Jungen aus. Puppenstuben, Ritterburgen, Laufräder und Greifigel stapeln sich in Regalen. Kaufläden, die die Scheitelhöhe ihrer jungen Betrachter überragen, sind auf dem Boden platziert und locken verführerisch: „Komm, spiel mit mir!“ Selbst Frühstücksbretter „Made in Stromberg“ erinnern an Grisu und Co.
In dem von außen unscheinbaren Gebäude in Stromberg, das mit seiner Wilder-Wein-Fassade Hänsel-und-Gretel-Romantik transportiert, werden Kinderträume wahr. Iris und Norbert Stock scheinen Kindern Wünsche von den Augen abzulesen – und nicht nur denen. Das Ehepaar betreibt in Stromberg die Madera Spielzeug-Manufaktur – eine von insgesamt noch fünf, die ausschließlich in Deutschland Holzspielzeug produzieren. Der Name passt: Das Ehepaar erledigt jeden Handgriff an den Gegenständen aus Holz selbst: Manufaktur ist hier ein Markenzeichen und nicht ein Namens-Anhängsel, mit dem Wichtigtuer nach außen der Strickpullovergeneration nachweinen.
Die Firma ist eine Herzensangelegenheit. Das wird sofort klar. Iris streichelt behutsam einen Laufdrachen, der gerade noch im Regal zwischen Igel und dem „kleinen Stromberger“, ein mini Holzpferd, um Beachtung buhlte. „Rund, warm, aus Eschenholz“, beschreibt sie das Spielzeug, das für Babys gedacht ist. Massiv und mit Leinöl behandelt. Ideal und absolut gefahrlos für den Nachwuchs, bei dem alles Ertastete den Weg unweigerlich zum Mund findet. „Völlig unbedenklich“, ergänzt Norbert Stock, „ein Begleiter der Kids beim Zahnen.“ Die Zertifizierungen belegen, dass Madera Spielzeug höchsten ökologischen und gesundheitlichen Vorgaben gehorcht. Überdies unterstützen zahlreiche Spielgeräte therapeutische Anwendungen. Fast logisch, dass Madera regionale Rohstoffe bevorzugt und seit längerer Zeit die benötigte Energie komplett selbst produziert.
„Unser Holzspielzeug erfüllt höchste ökologische Kriterien“, sagt Norbert Stock beiläufig. Kunststoff, gesteht der 63-Jährige, kommt ihm nicht ins Haus. Holz ist für den gelernten Werkzeugmacher nicht nur schnödes Herstellungsmaterial, sondern eine Weltanschauung, die er mit seiner Frau Iris teilt. „Holz atmet, Holz lebt, Holz hat Charakter. Das spürt man“, sagt sie mit Überzeugung und einem Hauch Respekt. Gegenstände aus Holz sind langlebig, ein weiterer Vorteil gegenüber der Massenware aus Kunststoff. Norbert Stock tritt umgehend den Beweis an: Ein Schaukelpferd und ein Puppenhaus haben 40 Jahre auf dem Buckel und sind „intensiv bespielt worden“. Zustand: tadellos. Ein weiterer Vorteil: In der Regel lässt sich ein Holzprodukt reparieren.
„Unsere Produkte sind unlackiert, geölt und können deshalb bedenkenlos in den Mund genommen werden“, gibt das Ehepaar einen Hinweis auf die Homepage, in der Transparenz großgeschrieben wird. Bunte Spielzeuge finden Interessenten auch dort im mit 800 unterschiedlichen Artikeln bestückten Madera-Shop. Die farbigen Exponate stammen aus anderen Betrieben, die ausnahmslos den Madera-Standards genügen müssen. Auch hier gilt Offenlegung der Herstellung und Herkunft.
Bleibt noch die Frage, was sich hinter der Bezeichnung Madera verbirgt? Holz heißt auf Spanisch Madera, lautet die Erklärung. „Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn jemand im Holzgewerbe selbstständig ist und den Hausnamen Stock trägt“, konstatiert der Firmenchef mit einem schelmischen Blinzeln, „da musste ich kreativ werden“.

Madera-Manufaktur
Borgfeld 8, 59302 Oelde-Stromberg
Mobil: 0174 6749007
E-Mail: norbertstock@gmail.com
Internet: www.madera-spielzeug.de

Öffnungszeiten Werkstattladen:
Montag bis Freitag 10 bis 12 sowie 15 bis 17 Uhr
Zur Weihnachtszeit Samstag von 10 bis 11 Uhr geöffnet.
Gegebenenfalls klingeln.

Text und Fotos: Axel Ebert


Einfach in die Puschen kommen

Ihr Talent für die Gestaltung und Produktion ausgefallener Pantoffeln entdeckte Conny Menke durch Zufall. Ihr Spitzname „Puschenhexe“ ist
Programm.

Niedliche Mäuse, Schafe und Esel zieren die bunten kleinen Puschen, auch ein Schiffchen, ein Regenbogen, sogar das „Peace-Zeichen“. Ihre eigene Tochter war vor Jahren die Erste, für die Conny Menke ein Paar Leder-Pantöffelchen nähte. Heute fertigt die zweifache Mutter die leichte Fußbekleidung in Heimarbeit für jeden an, der sie tragen möchte. Man kann ein Exemplar bei ihr in Auftrag geben - gleichgültig, in welcher Größe oder Farbe und mit welchem Motiv.

Nachdem sie anfangs nur für Kinderfüße tätig geworden war, kamen irgendwann auch Mutter und Vater eines kleinen Puschen-Läufers auf den Geschmack. Und so fertigte die Beckumerin das leichte Schuhwerk auch in Erwachsenengröße. „Das größte Paar hatte wohl Größe 43“, erzählt Conny Menke, während sie in ihrem Wohnzimmer viele neue Kinder-Puschen in ein Schuhregal sortiert. Jedes Paar wird von einer Holzklammer zusammengehalten. Ein farbenfrohes Sammelsurium. „Ich liebe Herausforderungen“, sagt sie zu ihrer Produktion. Und: „Ob groß oder klein, Hauptsache: bunt!“

„Es ist gesund, barfuß zu laufen“, erläutert Conny Menke, wie sie auf die Idee kam, Puschen herzustellen. Gehen ohne Schuhe stärke die Muskulatur, sagt sie. Gerade die von Kleinkindern. Deren Bein- und Fußmuskulatur müsse sich noch ausbilden. Nur: Ein Kind überall barfuß laufen zu lassen – das geht natürlich nicht. Schnell ist es in eine Scherbe oder Ähnliches getreten. Eine flache, leichte Fußbekleidung schwebte der gelernten Krankenschwester für ihr Töchterchen vor. „Man bekam so etwas aber nur über das Internet“, erinnert sie sich. Also überlegte sie, ob sie sich nicht selbst was einfallen lassen könnte. Nähen hatte sie als Mädchen gelernt und so schnitt und schneiderte die junge Mutter an ein paar Stückchen Leder so lange herum, bis der Nachwuchs (heute ist er 18) in bunten Lederpantöffelchen durchs Haus hopste.

„Ich habe lange herumprobiert“, erinnert sich Conny Menke, „bis die Puschen dann an die Füße der Tochter perfekt angepasst waren. „Irgendwann waren sie breit und hoch genug — und kamen nicht nur bei der Kleinen, sondern auch bei den Eltern in der Krabbelgruppe gut an. „Sie wollten auch alle ein Paar für ihre Kinder“, berichtet sie und ging damals auf die Anfragen ein. Plötzlich war die Auftragslage so gut, dass sie – vor 15 Jahren – ein Gewerbe anmeldete. „Ich brauchte nicht viel Werbung für die Puschen zu machen“, erinnert sie sich. „Die Eltern erzählten alles herum.“

Mittlerweile hat sie sich einen Namen gemacht. Bei ihr, der Puschenhexe, können fertige Schühchen und Schuhe gekauft werden. Oder aber man stellt sie sich mit Blick auf Farbe und Verzierung selber zusammen und gibt sie bei ihr in Auftrag.

Conny Menke
Schubertstraße 8, 59269 Beckum
Telefon: 02521 / 82 98 68
E-Mail: info@puschenhexe.de

Text und Bilder: Andrea Kutzendörfer


Mit federleichtem Pinselstrich

Barbara Balsliemke malt frei Hand. Am liebsten Blumen. Zu Ostern verziert sie Straußen- und Gänseeier, Hühner- und Enteneier mit Blütenblättern. Um sie fürs Fest edel zu machen, versteckt die 80-Jährige aus Verl Spruchbänder darin.

Wenn sie zum federleichten Pinselstrich ansetzt und die ersten Blütenblätter auf dem weißen Ei erkennbar sind, hofft man inständig, das auch so zu können. Es braucht aber definitiv Talent, so zu malen wie Barbara Balsliemke. Ein Griff zum grünen Farbfläschchen, ein bisschen von dessen Inhalt auf die Untertasse gegossen und in wenigen Sekunden hat die rosa Blüte grüne Stängel bekommen. Fertig ist das Osterei. Oder auch nicht. Das kleine Bildnis wird vielleicht an seiner Ober- und Unterseite noch farblich abgesetzt oder das schmucke Oval bekommt am Ende zwei hübsche Schleifen an jeder Seite. Wer weiß. Der Fantasie der Künstlerin aus Verl sind keine Grenzen gesetzt.

Früher zeigte die Künstlerin auf großen Messen beispielsweise in Hamburg oder Dortmund ihre Arbeiten, heute ist sie eher auf Handwerkermärkten oder in Heimathäusern der Region zu finden. „Ich male nicht gern kunterbunt – lieber dezent, so in Richtung edel“, versucht Barbara Balsliemke zu erklären. Blumen sind ihr Motiv. Es darf so ziemlich jede sein, die ihr gefällt – wobei die Rose eigentlich ihr Favorit ist. „Die schmücke ich dann mit Vergissmeinnicht in verschiedenen Farben aus. Ein paar schöne Blätter dazu …“, schwärmt die 80-Jährige.

Für ihre Ostereier nutzt die Künstlerin, die in Verl Bauernmalerei lernte und später die Malschule in Frankenthal in der Pfalz besuchte, ausschließlich Acrylfarbe. „Sie ist dickflüssiger.“ Das sei beim Bemalen eines Eis einfach von Vorteil und erst recht bei dem des Straußes, dessen Schale ziemlich porös und rau ist. Gerne mischt sie die Farben.

Apropos Schale: Das Ei muss zur Aufnahme des Kunstwerkes vorbereitet sein. „Ich wasche es mit Wasser und lasse es dann erst einmal trocknen“, beschreibt Barbara Balsliemke ihre Vorgehensweise. „Dann muss das Unebene weg. Dafür schmirgel ich es mit feinem Schmirgelpapier. Anschließend bemale ich es und lasse das Motiv trocknen.“ Das kleine Bildnis wird am Ende mit Antikwachs aus dem Malereigeschäft eingestrichen, um die Farbe zu schützen und einen seidigen Glanz zu bekommen. Manchmal kommt noch eine weitere Schicht drauf. Am Ende wird das Ganze mit einer weichen Bürste vorsichtig poliert.

Dabei ist Ei nicht gleich Ei. Die Verlerin verwendet das große Straußen- oder Gänseei und das sehr große, fast schwarze des Emus, das kleinere Hühner- und das noch kleinere Zierentenei. Alle bräuchten ihre spezielle Behandlung. Als Clou lässt die Künstlerin aus einigen der Ostereier ein schmales Band mit einem Spruch. „Dabei ist mir so manches Ei schon geplatzt“, verrät sie. Also, Vorsicht!

Text und Fotos: Andrea Kutzendörfer


Bunte Motive machen dem Stoff Druck

Sobald Margret Hugenroth ein Stück Textil unter die Finger kommt, veredelt sie es mit Abbildungen jeglicher Art. Die Everswinkelerin erklärt uns den Stoffdruck.

„Ich besitze an die 500 Modeln – stecknadelkopfgroß bis hin zu Kopfgröße“, sagt Margret Hugenroth. „Blumen, Tiere … es gibt alle möglichen Motive“, sagt die Everswinkelerin zu den kleinen Bildern und Mustern, die die Stempel hervorbringen. Sie stellt Kisten auf den Tisch und zeigt ihre stattliche Sammlung. „Meine Lieblingsmotive sind Ranken, Gräser und Ähren“, erzählt sie und hält ein weißes Deckchen in der Hand, das sie mit ihnen verziert hat.

Margret Hugenroth betreibt ein sehr altes Kunsthandwerk, den Stoffdruck. Als Hobby, wie sie sagt, aber so intensiv, dass sich in ihrer Wohnung auf dem Hof Große Winkelsett die Wäsche mit den kleinen Motiven stapelt.

Seit vielen Jahren geht die Oecotrophologin, die als Wirtschafterin in einem Krankenhaus arbeitet, dieser kreativen Freizeitgestaltung nach. Ihre Handarbeit findet sich in ihrem Arbeitszimmer in Kisten und Kästen ordentlich verstaut: kleine weiße Lavendelbeutel mit roten, blauen und grauen Sternen, Kissenbezüge, Geschirrhandtücher, Wäschebeutel, Schürzen und (Tisch-)Decken. Gerne versieht sie ihre groß- oder kleinflächigen Stücke Stoff mit Bordüren aus roten oder blauen Prinzipalmarkthäusern, zwischen denen kleine Bäume hervorblicken. Oder sie lässt auf Tischläufern farbige Ähren neben Mohn- und Kornblumen wachsen. „Manche Leute kaufen bei mir auch einfach nur ein Tuch für ihre Brille“, sagt sie.

„Der Stoff, den ich verwende, muss reine Natur sein, sonst hält die Farbe nicht“, erläutert die gebürtige Telgterin. „Ich wasche ihn deshalb zweimal mit Feinwaschmittel, um Appretur und Stärke herauszubekommen.“ Dann wird er gebügelt. Sie verwendet für die Muster spezielle Textildruckfarben, die frei von Lösungsmitteln und kochfest sind.

Die Vorgehensweise ist einfach: Margret Hugenroth gibt die gewünschte Farbe auf eine glatte Unterlage und nimmt sie mit einem Küchenschwamm auf. Dann taucht sie das Model in den Schwamm und drückt es leicht auf das Gewebe. Wo sie die Muster platziert, variiert: nebeneinander in einer Reihe, jeweils eines in vier Ecken oder mehrere gemeinsam zu einem Ensemble vereint. Das bleibt ihrer Fantasie und ihrem Geschmack überlassen. Das Tuch lässt man nach dem Bedrucken trocknen, „am besten über Nacht“, berichtet sie. Später dann wird es gebügelt, um die kleinen Kunstwerke auf dem Gewebe zu fixieren. Das muss mit großer Hitze geschehen.

Das Aufbringen der Musterung auf den Stoff stellt keine wirkliche Herausforderung dar. „Das eigentliche Drucken ist ein Klacks“, sagt die Everswinkelerin. Anstrengender seien die Vor- und Nacharbeiten des Textildrucks. Wie das Aufbereiten des Tuches für die Aufnahme der Farbe. Gewebe kann behandelt sein, sagt sie. „Sobald Chemie drin ist, geht es mit dem Bedrucken nicht.“

Seit 2004 ist die kreative Westfälin auf der an jedem zweiten Samstag stattfindenden Hobbykünstlerbörse in Everswinkel vertreten, dem heutigen „Ideenreich“. In diesem Jahr wird „Ideenreich“ in der Festhalle am 12. November von 10 bis 17 Uhr sein. Seit 15 Jahren bietet sie ihre Ware auch im „Warendorfer Weihnachtswäldchen“ an, in diesem Jahr vom 2. bis 18. Dezember. Mehr als zwei Märkte sind ihr aber heute zu viel, sagt Margret Hugenroth bestimmt. „Ich bin ja berufstätig.“ Weitere Anfragen lehnt sie ab. „Es soll ja schließlich ein Hobby bleiben.“

Margret Hugenroth
Erter 8, 48351 Everswinkel

Text und Fotos: Andrea Kutzendörfer


Zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall ...

Jahr für Jahr bauen viele Familien eine Krippe unter ihrem Weihnachtsbaum auf. Krippenbauer gibt es heutzutage nur noch wenige. In Herzebrock-Clarholz, bei der Bildhauerei Potthoff, schnitzt Willi Potthoff seit Jahrzehnten Figuren aus Holz.

In seiner Werkstatt riecht es nach frischen Sägespänen. Werkzeuge gibt es hier in jeder Größe und Ausführung. Die Vielfalt an Gerätschaften ist überwältigend. In den Regalen liegen etliche Krippenfiguren: Nur grob erkennbar als vorgeschnitzter Klotz oder halb fertig bearbeitet, auf ihre Bemalung wartend. In der Größe eines kleinen Kindes und so klein wie ein Finger.

Im nächsten Raum befinden sich Werkbänke, ein Hirte ist gerade eingespannt und wartet darauf, seine Gesichtszüge verfeinert zu bekommen. Auf einem Tisch an der anderen Seite sammeln sich haufenweise Pinsel und Farbbehälter, die das gesamte Farbspektrum abdecken.

Die Besonderheit dieses Ortes ist zu spüren. Seit Jahrzehnten fertigt Willi Potthoff hier in seiner Werkstatt in Herzebrock in liebevoller Arbeit Krippenfiguren an. Bei Krippenausstellungen, in Kirchen und unter zahlreichen geschmückten Tannenbäumen in den Wohnstuben der Region bewundern die Menschen in der Weihnachtszeit seine Arbeit.

Als Inhaberin hat inzwischen Tochter Claudia (51) die Geschäfte übernommen. Aber ganz in den Ruhestand konnte sich der 83-jährige Willi Potthoff noch nicht verabschieden. Und so schnitzt er weiter seine Figuren. Nicht mehr so viele wie es früher mal waren. Aber seine Handgriffe in der Werkstatt sind noch routiniert wie eh und je.

Das Holz bekommt Potthoff aus einem Sägewerk. Die Qualität sei wichtig. „Luftgetrocknet“ müsse es sein. Das heißt: Mindestens zehn Jahre muss es im Trockenen lagern, vor der Verarbeitung noch einmal 14 Tage in der Werkstatt. Zugeschnitten wird das Holz im Block. Dann geht für Willi Potthoff die „Knochenarbeit“ los. In einer Kopiermaschine werden die groben Konturen der Figuren vorgezeichnet. Am Beispiel eines Kamels zeigt er, wie er vorsichtig Stück für Stück des Holzes mit einem Fräsmotor abarbeitet. „Eine moderne CNC-Maschine haben wir nicht“, sagt der Herzebrocker. Die könnte selbstständig mit hoher Präzision Werkstücke herstellen.

Potthoff jedoch legt selbst Hand an. Neben ihm auf der Werkbank liegen identisch geschnittene Kamele. Auch über ihnen hängt je ein Fräsmotor, der die Bewegungen Potthoffs nachahmt. So muss er nicht jedes einzelne Kamel bearbeiten. Aber es ist Vorsicht geboten: Eine fehlerhafte Bewegung hat Auswirkungen auf alle Kamele.

Nach dem Kopieren müssen die Figuren einzeln behandelt werden. Sie werden jetzt auf eine Werkbank gespannt und Potthoff greift zu seinen Bildhauer-Stecheisen. Von denen hat er gleich mehrere Schubladen voll. Sie haben eine Breite von 1,5 Millimetern bis zu mehreren Zentimetern. „Die schmalsten benutzt man zum Beispiel für die Jesuskinder in der kleinsten Ausführung“, erklärt Potthoff. Um deren Konturen und Gesichtszüge perfekt hinzubekommen, ist viel Geduld gefragt. 

Anschließend steht schon der letzte Schritt an. Wenn die Figuren ihre Naturfarbe behalten, werden sie gewachst und lasiert. Oder sie werden bemalt: weiße Umhänge, grüne Gewänder, goldene Kronen.

Bei den Potthoffs werden die Krippenfiguren nicht in schneller Massenproduktion hergestellt. Sich auf eine Stundenzahl festzulegen, die er für eine Figur benötigt, fällt Willi Potthoff schwer. An einem Tag fertige er eine Figur jedenfalls nicht an. „Es ist eben alles Handarbeit“, sagt er. Deswegen hat Potthoff auch nicht nur in der Vorweihnachtszeit zu tun. „Geschnitzt wird das ganze Jahr“, betont er.

Bleibt zum Abschied die Frage, wie es bei den Potthoffs selbst an Weihnachten unter dem Tannenbaum aussieht. Sind sie die Krippen, die sie das ganze Jahr über sehen, irgendwann leid, und verzichten selbst darauf? „Auf keinen Fall“, sagt Claudia Potthoff. „Eine Krippe gehört an Weihnachten dazu. Ohne geht es nicht.“

Bildhauerei Potthoff
von-Zumbusch-Straße 6, 33442 Herzebrock-Clarholz
Telefon: 05245 3890
E-Mail: claudiapot@web.de
Internet: www.bildhauerei-potthoff.de
Öffnungszeiten: In der Adventszeit werktags von 9 bis 19 Uhr oder nach telefonischer Absprache

Text und Fotos: Andi Kleinemeier


Ein Tausendsassa frisch vom Feld

Geschmort, gebraten oder gestampft, als klassische Salzkartoffel oder als Pellkartoffel: „Kartoffeln gibt es bei uns in jeder Form“, sagt Andreas Stiens. Der Landwirt aus Rheda-Wiedenbrück baut in mindestens dritter Generation Kartoffeln an – klar, dass die Knollen da regelmäßig auf den Tisch kommen. „Wir scheuen uns aber auch nicht, mal Nudeln zu essen“, sagt Stiens und lacht.

Kartoffeln spielen in seinem Leben dennoch eine ganz besondere Rolle, ist er doch „mehr oder weniger damit aufgewachsen“, wie er selbst sagt. Es gibt während der Saison so gut wie keinen Tag, an dem er nicht nach dem Rechten schaut. So ist es zum Beispiel wichtig, dass die Knollen mit Erde bedeckt sind. „Wenn sie ans Sonnenlicht kommen, werden sie grün. Und dann sind sie nicht mehr zum Verzehr geeignet“, betont Stiens. „Auch bei falscher Lagerung kann es passieren, dass Kartoffeln grün werden“, warnt der Fachmann. Sein Tipp: kühl, trocken und dunkel lagern – „am besten im kalten Keller“.

Beim Gang auf den Acker zeigt sich, dass Stiens seine Kartoffeln im Wall anbaut. Das ist auch deshalb praktisch, weil sich der Boden schneller erwärmt – was das Wachstum fördert. Außerdem ist es einfacher, die Pflanzen zu bewässern. „Die Kartoffel selbst besteht zu 77 Prozent aus Wasser, sie darf nicht austrocknen“, hebt er hervor. Der Sandboden in Rheda-Wiedenbrück ist zuträglich für den Anbau, da bei der Ernte kaum Erde an den Knollen haften bleibt. „Beim lehmigen Sandboden bilden sich schnell Kluten, also Erdbrocken, die man später aufwendig von Hand aussortieren muss“, beschreibt Stiens.

Inzwischen hat die Hochsaison begonnen. In den kommenden Wochen nehmen tonnenweise Kartoffeln den Weg vom Acker über den Roder bis in die Lagerhallen. „Ab September sind die Kartoffeln lagerfähig“, sagt Stiens, der das Nachtschattengewächs auf insgesamt 15 Hektar anbaut. Bis etwa Mitte Oktober ist somit viel zu tun auf seinem Hof. Denn zu lange in der Erde bleiben sollen die Knollen auch nicht – auf Frost reagieren sie sehr empfindlich. Es bilden sich dunkle Flecken im Innern und die Schale wird weich.

Insgesamt sechs Sorten baut der Rheda-Wiedenbrücker an. Die Annabelle ist seine Frühkartoffel, dann folgen Cilena und Gala als mittelfrühe Sorten, anschließend kommen Belana, Allianz und Lilly. „Am Ende ernten wir alle Sorten parallel“, erklärt er. Seine liebste ist die Allianz. „Sie sieht toll aus, ist schön gelb und fest und auch geschmacklich gut“, lautet das Urteil.

Ab Hof sowie im eigenen Bauernladen in Wiedenbrück verkauft Familie Stiens ihre Kartoffeln. Den Bauernladen betreibt die Familie seit 1994. „Wir liegen mit unserem Hof weit außerhalb und wollten näher am Kunden sein“, sagt der Landwirt. „Der Bauernladen ist wie ein Hofladen – nur in der Stadt.“

 „Verkauft werden am besten die mittleren Kartoffeln“, sagt der Landwirt. Das trifft insbesondere auf den Vertrieb über Marktbeschicker, Supermärkte und Raiffeisenmärkte zu. Die kleineren – auch als Drillinge bekannt – bietet er auch im Bauernladen an. „Sie eignen sich gut für Schmorkartoffeln aus der Pfanne oder dem Ofen.“ Übergroße Kartoffeln gehen in die Gastronomie in der Region – ein weiterer Abnehmer des Hofes.

Die Ahlener Landfrau Birgit Schlüter greift auch am liebsten auf die mittelgroßen Knollen zurück. Gerade bereitet sie einen Kartoffel-Gemüse-Auflauf zu, den sie mit Kasseler ergänzt. „Ich mag Kartoffeln am liebsten frisch gekocht als Beilage zu Gemüse und Fleisch oder Fisch“, sagt sie. Im Herbst gibt es häufiger einen Kürbis-Kartoffel-Eintopf, wahlweise mit Hackfleisch – oder einen Kartoffel-Gemüse-Auflauf mit Kasseler, den Schlüter für sich entdeckt hat. „Bei mir müssen es schnelle Gerichte sein, ich möchte nicht stundenlang in der Küche stehen“, erklärt sie. Dass es trotzdem lecker und gesund geht, zeigt die Diätassistentin an diesem Vormittag.

Der Auflauf ist nicht nur zügig zubereitet, es lässt sich außerdem gut vorbereiten, beispielsweise wenn Besuch kommt. Dann kann er am Vormittag geschichtet werden und kurz vor dem Essen wird der Käse darübergestreut und die Schale kommt in den Ofen. „Dann muss man nicht so lange in der Küche stehen, wenn die Gäste da sind“, sagt die Landfrau. Alternativ zu Kasseler kann auch Bratwurst ergänzt werden – oder man verzichtet ganz auf das Fleisch. Es zeigt sich: Zahlreiche Variationen sind möglich.

„Wichtig ist nur, dass man Olivenöl verwendet, das man erhitzen darf“, betont die Diätassistentin, die im St.-Josef-Stift in Sendenhorst arbeitet. „Kalt gepresste Öle verbrennen, das ist gesundheitsschädlich.“ Grundsätzlich empfiehlt sie, eine Auswahl verschiedener Öle im Haus zu haben. Für ihren frischen Kartoffelsalat beispielsweise greift sie auf Rapsöl zurück. „Das hat eine gute Fettsäurezusammensetzung und enthält gesunde Omega-3-Fettsäuren“, erklärt Schlüter. Diese wirken sich positiv auf Herz und Kreislauf aus.

Stiens Kartoffelhof
Pappelweg 34, 33378 Rheda-Wiedenbrück
Bauernladen: Triftstraße 20, 33378 Rheda-Wiedenbrück
Telefon: 05242 5365
E-Mail: info@stiens-kartoffelhof.de
Internet: www.stiens-kartoffelhof.de
Öffnungszeiten Bauernladen: Montag bis Freitag 9 bis 12.30 Uhr und 14.30 bis 18 Uhr, Samstag 8.30 bis 13 Uhr

Text und Fotos: Kirstin Oelgemöller


Aromatische und bunte Alleskönner

„Früchte mit sehr viel Aroma“ – das sind Tomaten für Zorica Schruff. Gerade im Sommer kommen sie bei ihr häufig auf den Tisch. „Außerdem mag ich die italienische Küche sehr gerne – und da gehören Tomaten einfach dazu“, erklärt die Bloggerin aus Gütersloh.

Längliche Flaschentomaten, Cocktailtomaten und zwei Dosen gehackte Tomaten stehen an diesem Nachmittag vor ihr auf der Arbeitsplatte in der Küche. „Die Flaschentomaten sind praktisch für meine Quiche, die kann ich sehr gut in Scheiben schneiden, die kleinen Strauchtomaten sind hingegen sehr aromatisch“, erklärt sie, bevor sie sich an die Arbeit macht. Für ihre Tomaten-Fenchel-Suppe greift sie indes gerne auf die Variante aus der Dose zurück. „Da kann ich mich auf das intensive Aroma verlassen, außerdem gebe ich Tomatenmark hinzu“, sagt Schruff.

Während sie beginnt, den Teig für die Quiche zuzubereiten, erzählt sie von weiteren Rezeptideen. Zu Tomaten hat sie direkt zahlreiche Kombinationen im Kopf, darunter Klassiker wie Bruschetta oder ein Tomaten-Rucola-Aufstrich. „Im Salat verwende ich gerne bunte Sorten, das ist schön anzugucken. Letztens habe ich eine dunkelbraune Tomate probiert, die war unheimlich aromatisch und hat sehr gut geschmeckt.“

Generell gilt bei Zorica Schruff: „Zu jedem Tomatengericht gehört eine Prise Zucker“, sagt sie und lacht. „Das ist aber kein Geheimnis, das machen viele so.“ Gerne setzt sie außerdem die klassischen italienischen Gewürze Thymian und Rosmarin ein. Und Basilikum verwendet sie am liebsten frisch – weil dann der Geschmack besser zur Geltung kommt.

Ein intensives Aroma ist Zorica Schruff auch bei ihrer Tomaten-Fenchel-Suppe wichtig. Deshalb greift sie auf gehackte Tomaten aus der Dose zurück und fügt konzentriertes Tomatenmark hinzu. „Beim Resteverwerten entstehen solche Kombinationen. Ob die Suppe am Ende der Garzeit püriert wird oder nicht hängt davon ob, wie fein das Gemüse zuvor geschnitten worden ist“, sagt Schruff. „Und wie man es am liebsten mag.“ Zahlreiche eigene Rezepte hat die dreifache Mutter inzwischen auf ihrem Blog „natürlich schmeckt’s“ im Internet festgehalten.

In kräftigem Rot hängen unzählige Tomaten an den Pflanzen im Gewächshaus von Andreas Beckmann in Telgte. Einige andere sind leuchtend gelb, wieder andere aufgrund ihrer grünen Färbung kaum durch das Blattwerk zu sehen. Sie sind groß oder klein, einige sehen verwachsen aus, müssen aber genau so sein. Kirschtomaten, Salat- und Fleischtomaten sowie Wildarten und Buschsorten wachsen in den beiden großen Gewächshäusern. Rund 50 Arten und Sorten hat Beckmann hier angepflanzt.

Klassische Tomaten sind aber nicht zu finden. Neben die Humboldtii reihen sich Green Zebra, Schwarzer Prinz und Ochsenherz – seltene Sammelobjekte, die seit 30 Jahren die Leidenschaft des gelernten Blumen- und Zierpflanzengärtners und studierten Diplom-Agraringenieurs sind.

Bevor es in seinen Gewächshäusern im Sommer bunt wird, wachsen dort ab dem Frühling die selbst ausgesäten Jungpflanzen heran. Diese verkauft Beckmann bis Anfang Juni auf dem Ökologischen Wochenmarkt in Münster sowie auf Pflanzenbörsen und Gartenmärkten. Die aromatischen Früchte bietet er auf dem Wochenmarkt ab Ende Juni an, außerdem gibt es sie im Biomarkt Hartmann-Walk in Warendorf. „Wichtig ist, dass die Pflanzen viele Sonnenstunden bekommen, um Aromaten zu entwickeln und Zucker einzulagern.“

Für den Gärtner steht fest: „Die meisten Sorten sind zu schade, um sie zu verkochen.“ Dafür gebe es spezielle Sorten wie Roma-Tomaten oder die Sorte San Marzano. Beide enthalten wenige Kerne und sind relativ trocken. Beckmann: „So nehmen sie zum Beispiel Salatsoße sehr gut an.“

Während des Sommers genießt Beckmann seine eigene Ernte so pur wie möglich. Ein bunter Tomatensalat oder Tomate-Mozzarella mit Basilikum, etwas Salz und Pfeffer kommen bei ihm auf den Tisch. „Lecker ist auch eine in Scheiben geschnittene Ananastomate auf einer guten Scheibe Brot“, sagt er. „Sie sieht aus wie orangeroter Marmor, der in sich zerfließt.“ Das Besondere der Pflanze: Sie trägt über den ganzen Sommer nur etwa drei Früchte. Die gilt es umso mehr zu genießen.

Gärtnerei Blütenmeer
Andreas Beckmann
Vechtrup 14, 48291 Telgte
Mobil: 0175 3864217
E-Mail: info@gaertnerei-bluetenmeer.de
Internet: www.gaertnerei-bluetenmeer.de

Verkauf: bis September auf dem Ökologischen Bauernmarkt Münster, Freitag 12 bis 18 Uhr

Blog „Natürlich schmeckt’s“
Zorica Schruff
E-Mail: zorica@natuerlichschmeckts.de
Internet: www.natuerlichschmeckts.de

Text: Kirstin Oelgemöller, Fotos: Kirstin Oelgemöller, privat


Geschenke, die von Herzen kommen

Selbst gemacht statt gekauft – wie wäre es mit einem Gruß aus der Küche als Geschenk zu Ostern? Uschi Rammert von den Landfrauen Stromberg und Mitarbeiterinnen vom Droste-Haus Verl verraten ihre Ideen und Rezepte.

„Ich koche und backe ganz viel für Freunde und Familie. Einmal die Woche bringe ich meinen Arbeitskollegen einen Kuchen mit“, sagt Uschi Rammert. Heute auf dem Plan der stellvertretenden Teamsprecherin der Landfrauen Stromberg: Plätzchen, Kuchen und ein leckeres Likörrezept.

Rammert startet mit einem Häschenkuchen in einer Rehrückenform – ein süßer selbst gemachter Hingucker. Die Landfrau vermengt Eier, Margarine und Zucker in Windeseile. Ihr Tipp: „Am besten haben alle Zutaten die gleiche Temperatur. Sie waren alle im Kühlschrank.“ Dann mischt sie Mehl und Backpulver und fügt beides den übrigen Zutaten hinzu. Schaumig gerührt, Schokoraspeln untergehoben, fertig. Nach gut 40 Minuten klingelt die Backofenuhr. Der Kuchen ist fertig. Bevor die Strombergerin ihn dekoriert, lässt sie ihn abkühlen.

Eine weitere Geschenkidee hat Uschi Rammert schon im Kopf: selbst gemachter Eierlikör. Für ihre Familie hat sie die klassische Variante schon oft selbst gemacht. Passend zum Frühling bereitet sie den Likör mit Zitronen zu. „Das schmeckt sehr frisch. Eierlikör kann man verfeinern, wie man möchte. Zum Beispiel mit Raspelschokolade oder Cappuccino.

Der Kuchen ist mittlerweile ausgekühlt und wird nun mit Schokoladenglasur bestrichen. Die zwölf geschnittenen Stücke schneidet die 52-Jährige unten gerade, damit der Kuchen besser steht. Als Nächstes greift sie zum Marzipan. „Für die Fliege färbe ich einen Teil rot ein. Aus dem Rest forme ich Kugeln als Kopf.“ Mit etwas flüssiger Schokolade befestigt sie beides. Mit Zuckerschrift bekommt der Hasenkopf anschließend Augen, Nase und Mund. Die Mandeln drückt sie als Ohren vorsichtig in das Marzipan. In kleine Plastiktüten verpackt können die kleinen Häschenkuchen nun verschenkt werden.

Auch ein kleiner Präsentkorb mit verzierten österlichen Plätzchen ist zu Ostern ein echter Hingucker. Aus demselben Teig lassen sich unterschiedliche Plätzchen machen, die auch etwas fürs Auge sind. Zum Beispiel kleine Schäfchen mit Zuckeraugen. Die Hobbybäckerin blitzschnell Blüten für den Körper, Kreise für das Gesicht, Ohren und kleine Kreise für die Füße aus. „Für den Körper der Schafe vermengt man eine kleine Menge Teig mit Backkakao.“ Nach ein paar Minuten sind alle Plätzchen fertig gebacken. Nun wird verziert. Die Schäfchen dekoriert die Hobbybäckerin mit Zuckeraugen. Außerdem gibt es Osterhasen mit Schokoladenglasur und Streuseln.

Außer süßen Grüßen gibt es auch eine Vielzahl an herzhaften Geschenken aus der Küche. Wie wäre es beispielsweise mit einem Chutney oder selbst gemachten Gewürzmischungen? Tanja Weickert vom Droste-Haus in Verl hat eine weitere Idee: ein schnelles Basilikum-Pesto mit Parmesan, Pinienkernen und Knoblauch. „Statt Basilikum kann man auch Bärlauch verwenden. Das ist noch intensiver vom Geschmack“, schlägt sie vor.

Ihre Kollegin Hildegard Johannhörster bereitet derweil eine süße Geschenkidee zu: Quark-Öl-Teig-Osterhasen im Tontopf. „Das backe ich immer mit den Kindern zu Ostern als Geschenk für ihre Eltern oder Großeltern.“ Aus einem Drittel des Teigs formt sie Kugeln, die sie in die Töpfe setzt. Der Rest wird zu eiförmigen Stücken für die Hasenohren geformt. „Ich schneide den Teig bis zur Mitte ein und drücke die Hälften leicht auseinander“, erklärt sie. Die Avenwedderin bildet mit Rosinen Augen und Nase. Mandelstifte drückt sie vorsichtig als Bart an. „Beim Verzieren haben die Kinder am meisten Spaß. Wir bemalen dann noch Brottüten, in denen die fertigen Hasen verschenkt werden.“

Lieber basteln als backen? Auch mit Schere und Papier lassen sich Geschenke zaubern. Karoline Rehage aus Varensell macht seit August ihren Bundesfreiwilligendienst im Droste-Haus und liebt es zu basteln. Mithilfe einer Schablone zeichnet sie Ostereier auf buntem Papier vor und schneidet sie aus. „Die Eier klebe ich kreisförmig zusammen.“ Rehage nimmt sich ein Band und knotet es an den Türkranz.

„Ich freue mich, wenn ich selbst gemachte Geschenke bekomme. Das zeigt, dass sich jemand Mühe gemacht hat“, betont sie und legt für ihre zweite Bastelidee gelbe Wolle, Pappe, einen Eierkarton und Wackelaugen auf den Tisch. Sie fertigt Küken im Ei für die österliche Tischdekoration. Aus der Pappe schneidet die 18-Jährige zwei kleine Ringe aus, legt diese übereinander und umwickelt sie mit Wolle. „Dabei darauf achten, dass die Fäden nicht zu fest umwickelt werden. Denn im nächsten Schritt schneiden wir den Wollring auf“, erklärt sie. Sie legt einen Faden Wolle zwischen die Pappringe und verknoten diesen. Jetzt können die Ringe entfernt werden. Nun klebt Rehage an den gelben Bommel aus Wolle Augen und Nase. Flink schneidet sie zwei Eierschalen aus den Kartons und klebt sie oben und unten an. Fertig ist ihr kleines Küken im Ei.

Uschi Rammert
Tollstraße 2, 59302 Oelde
Telefon: 02529 948797
Internet: www.wllv.de/stromberg

Droste-Haus Verl
Schillingsweg 11, 33415 Verl
Telefon: 05245 2973
E-Mail: info@droste-haus.de
Internet: www.droste-haus.de

Text und Fotos: Greta Haberstroh

Ein Duft von Heimat und Gemütlichkeit

Knusprig und gleichzeitig luftig – die perfekte Waffel verlangt Übung. Das wissen auch Marie-Luise Mönnigmann und Sabine Czwalinna aus Warendorf sowie Annette Klüsener aus Herzebrock.

Zunächst begeben wir uns auf eine Reise in die Vergangenheit. Wie wurden Waffeln gebacken, als es noch keine elektrischen Geräte gab? Im Gadem in Warendorf, auch Kleine-Leute-Haus genannt, ist ein Blick zurück ins Jahr 1925 möglich.

Betritt man das kleine Haus mit Museums-Charakter, steht am Ende des Flures eine Kochmaschine. Ein historischer Herd und Ofen aus der damaligen Zeit. Auf dem Herdfeuer wurden im gusseisernen Eisen Waffeln gebacken. Noch heute heizt der Heimatverein Warendorf im Gadem Zuckertimpen die alte Kochmaschine an und serviert frische Waffeln nach alter Tradition. Seit 1997 sind Marie-Luise Mönnigmann (72) vom Heimatverein und Sabine Czwalinna (71) von den Altstadtfreunden dabei.

„Arme Leute haben früher oft ein Ei weniger genommen und mehr Mehl, um mehr Teig zu haben“, betont Sabine Czwalinna. Zusammen mit Marie-Luise Mönnigmann vermengt sie Butter, Mehl, Eier und Co. mit einem Handrührbesen. „Mit einem Mixer zu Hause geht das heutzutage natürlich schneller“, weiß Czwalinna. Doch im Gadem Zuckertimpen gibt es keine elektrischen Geräte.

Mit dem fertigen Teig geht es zur Kochmaschine. In einer Öffnung des Herds werden die Waffeln in einem 100 Jahre alten Gusseisen gebacken. Beschichtungen, wie die Waffeleisen sie heute haben, gab es damals noch nicht. Daher reibt Marie-Luise Mönnigmann das Gusseisen mit reichlich Speck ein.

„Die erste Waffel ist immer die spannendste. Sie wird meistens nichts. Entweder setzte der Teig an, weil das Waffeleisen zu warm oder zu kalt ist“, erklärt Sabine Czwalinna. Da nur von einer Seite Hitze kommt, muss das Waffeleisen über dem offenen Herdfeuer mit einem Schürhaken gewendet werden. „Das machen wir nach Gefühl. Es gibt dafür keine genaue Minutenangabe.“

Wenig später ist die erste Waffel fertig – und wie von den Frauen schon prophezeit ist sie etwas zu dunkel geworden. Die beiden nehmen es mit Humor. Die nächsten werden umso besser. Ein verführerischer Duft liegt in der Luft. Das Eisen wird jedes Mal neu eingefettet und Teig in die Herzformen gefüllt.

„Die Waffeln im Gadem schmecken anders“, beschreibt Marie-Luise Mönnigmann. „Der Speck, mit dem das Eisen gefettet wird, verleiht der Waffel einen vollmundigeren Geschmack und sättigt. Und die Waffeln sind größer als gewöhnlich“, ergänzt ihre Ehrenamtskollegin. Auf die alte gusseiserne Form sei eben Verlass. „Jede Waffel ist damit ein Einzelstück. Es kommt immer auf die Hitze des Feuers und des Eisens an“, erklärt Mönnigmann.

Ein pikantes Waffelrezept hat Annette Klüsener entwickelt. Die 60-jährige Landfrau backt sowohl winterliche Variationen, einen nussigen Teig, als auch eine pikante Pizzawaffel. Wer es knusprig mag, dem wird ihre Blätterteigwaffel schmecken. Klüsener teilt dafür den gekauften Blätterteig in Quadrate, die anschließend im Waffeleisen gebacken werden. „Das ist eine einfache Variante. Bei meiner Familie kommen die Waffeln gut an, weil sie so knusprig sind.“ Der Blätterteig braucht etwas länger, dabei verlässt sich die Landfrau auf ihr Gefühl. Nach etwa drei Minuten ist er fertig gebacken und sie gibt etwas Puderzucker und Preiselbeeren darüber.

Herzhaft sind ihre Pizzawaffeln. Bei diesen kommt für den Geschmack Salz statt Zucker in den Teig und Vollkorn- statt Weizenmehl. Geriebene Kartoffeln, Käse, geschnittener Schinken und getrocknete Tomaten werden dem Teig ebenfalls beigefügt. Diese herzhafte Waffel kann somit auch als Hauptspeise zubereitet werden. „Passend dazu bereite ich einen Dip aus Frischkäse, saurer Sahne und Frühlingszwiebeln zu“, erklärt Klüsener und vermengt die Zutaten.

Inspirieren lässt sich Annette Klüsener auch durch alte Rezepte der Familie. Die traditionellen Waffeln backt sie so, wie es im alten Kochbuch ihrer Schwiegermutter steht. Ein gut und viel genutztes Buch: Die Seiten sind fast alle lose und mit Teigflecken versehen.

Waffeln gibt es in verschiedenen Formen, bekannt sind die Herzform und die belgische, etwas dickere Waffel. Eine ganz andere Art sind Eiserkuchen. Das Rezept für das traditionell dünne, knusprige Gebäck hat Annette Klüsener aus dem Rezeptbuch ihrer Schwiegermutter. Eiserkuchen gibt es bei der Familie an Neujahr oder im Sommer zu Eishörnchen geformt.

Die Zubereitung ist etwas kniffeliger als von Waffeln, weiß die Landfrau. „Nach dem Backen muss die dünne Waffel direkt gerollt werden.“ Der Teig muss sehr dünn, fast flüssig sein und besteht unter anderem aus Zuckerwasser. Für weihnachtlichen Geschmack fügt die 60-Jährige Sternanis hinzu. Sie füllt den Teig in ein spezielles Gusseisen, das den knusprigen Waffeln ihr typisches Hörnchenmuster verleiht.

Text und Foto: Greta Haberstroh


Nicht ohne Nadel, Seife und Schafswolle

Wer kennt sie nicht, die Hausschuhe aus Filz. Dass das vielseitige Material noch viel mehr kann, beweist Ulrike Wieland, die in ihrer kleinen Filzwerkstatt in Greffen Dekoration, Schuhe, Taschen und Sitzkissen herstellt.

Filzschuhe sind individuell gestaltet, halten warm und sind bequem. Seitdem Ulrike Wieland die Leidenschaft zum Filzen entdeckt hat, brauchen sich ihre Familie und Kunden keine Sorgen über kalte Füße mehr zu machen. Ihre kreativen Ideen für Deko, Kleidung und Co. setzt die 54-jährige Filzfachfrau in Greffen mit Wolle und Filznadel um: in einem kleinen geklinkerten Fachwerkhäuschen, ruhig im Grünen gelegen. Rechts neben der weißen Eingangstür steht auf einer gefilzten länglichen Flagge „Filzwerkstatt“. Zwei Bilder hängen an der Hauswand. Innen ist nicht viel Platz, reichlich Wolle in unterschiedlichen Farben und gefilzte Gegenstände sind nicht zu übersehen.

„Filz ist ein ursprüngliches und sehr vielfältiges Material“, erklärt Ulrike Wieland und hält dabei Rohwolle vom Schaf in der Hand. Denn damit wird traditionell gefilzt. „Die Wolle vom Bergschaf ist sehr robust und eignet sich zum Herstellen von Schuhen.“ Wieland rupft zahlreiche kleinere Wollfetzen ab und legt sie nach und nach in eine Form. Daraus fertigt sie ein kleines Sitzkissen. Rohwolle holt sie oft aus der Region. „Diese habe ich aus Detmold und Tirol. Bergschafe stehen aber auch in Versmold und Waldschafe in Werther. Außerdem gibt es viele Heidschnucken.“

Das Handwerk beherrscht Ulrike Wieland in Vollendung. Seit 2013 ist sie zertifizierte Filzfachfrau. In einem dreijährigen Bildungslehrgang erlernte die Greffenerin in einem schweizerischen Kurszentrum das Filzhandwerk von Grund auf. „Ich war überwältigt, wie viele verschiedene Schafrassen es gibt und wie die Wolltypen verarbeitet werden“, sagt sie.

Die Form für das Sitzkissen füllt sich nach und nach mit Wolle, die mit den Haarspitzen nach oben zeigen muss. Bevor das Filzen mit Wasser und Seife startet, breitet Wieland eine Schicht mit Wolle über die gesamte Fläche aus. „Das ist später die glatte Unterseite des Kissens, die alles zusammenhält“, erklärt sie. Die Filzexpertin nutzt dafür Rohwolle. Es gibt sie auch vorbearbeitet und gefärbt in vielen Farben. Die ist gewaschen, denn Naturwolle riecht durchaus intensiv und ist dreckig.

Ulrike Wieland befeuchtet die Wolle für das Sitzkissen mit Wasser und seift ihre Hände ein. In kreisenden Bewegungen wird das Seifenwasser in die Wolle massiert, sodass die Fasern zusammenfilzen. Als alles zusammenhält, nimmt sie das nasse Sitzkissen aus der Form, rollt es zunächst langsam, später stärker auf einer Unterlage mit Löchern aus und bürstet die Oberseite. Nun muss das Kissen trocknen. „Die Wolle schrumpft beim Filzen um 25 bis 50 Prozent zusammen“, erklärt die Fachfrau. Eine Schablone zum Fertigen einer Jacke kann daher über drei Meter groß sein.

Elektronische Hilfe gibt es beim Filzen nicht. „Das Wichtigste sind die Hände.“ Eine Filznadel hilft, die Wolle zu fixieren. Je größer die Produkte, desto mehr Wasser wird benötigt. Daher empfiehlt Wieland, draußen zu filzen. Im Haus sollte eine Matte oder Schale, die Wasser auffängt, untergelegt werden. „Das bedeutet: Alles weg vom Tisch, was nass werden kann“, betont die 54-Jährige.

Auch beim Filzen gilt: Übung macht den Meister. „Am Anfang braucht man lange.“ Je dicker die Wolle, desto schwieriger das Fertigen. „Das ist eine Kraftanstrengung. Da weiß man, was gemacht hat“, erzählt Wieland.

Ulrike Wieland
Tatenhauserweg 20, 33428 Harsewinkel
Telefon: 02588 8023
E-Mail: postmaster@filzpuschen.de
Internet: www.filzpuschen.de

Text und Fotos: Greta Haberstroh


Die Gurken-Spezialisten

„Das ist unser Gurkenflieger“, sagt Johanna Austermann und zeigt auf einen Traktor, von dem an beiden Seiten überdachte Konstruktionen abgehen, die aus der Ferne aussehen wie zwei große Flügel. Auf dem Gurkenfeld zieht die Maschine gerade ihre Bahnen. Abheben wird hier aber niemand. Stattdessen sind 24 Männer und Frauen eifrig dabei, eine Gurke nach der anderen zu pflücken, ohne dafür das Feld zu betreten. Bäuchlings liegen sie auf Matratzen, die auf den Flügeln unter der vor Regen schützenden Plane angebracht sind. Nur wenige Zentimeter über dem Ackerboden. Unter ihnen ziehen ganz langsam die Gurken vorbei. Pflanze für Pflanze begutachten die Saisonarbeiter, suchen mit wachem Auge nach jeder Gurke, die in den vergangenen Stunden herangewachsen ist.

Seit dem 14. Jahrhundert gibt es den Familienbetrieb Austermann in der Warendorfer Bauerschaft Neuwarendorf. Vor mehr als 25 Jahren begann die Direktvermarktung. Angefangen habe ihre Mutter Ursula mit Spargel, erklärt die Juniorchefin. 2002 kamen Gurken hinzu, die bis heute das Hauptprodukt sind. Der klassische feine Gurkentopf sei am beliebtesten, sagt Johanna Austermann. Doch Jahr für Jahr testet die Familie neue Rezepte, inzwischen gibt es etwa 40 verschiedene Sorten eingelegter Gurken unter insgesamt mehr als 200 Produkten. Das sind beispielsweise Kurkuma-Gurken oder solche mit Ananas. Aber auch Chili- und Paprika-Gurken reihen sich im Hofladen aneinander. Daneben stehen Gurken-Relish, Gurken-Scheiben und Gurken-Salat. Gefertigt werden alle Produkte auf dem Hof.

Angebaut werden Zuckergurken, Schmorgurken und Einlegegurken. Letztere kennzeichnet eine besonders feine und glatte Schale. In der Hauptsaison, die Anfang Juli beginnt und Ende August endet, findet die Ernte täglich statt, wohingegen das Zuckergurken-Feld insgesamt nur viermal beerntet wird, weil die Früchte nicht so schnell wachsen. Klimatische Bedingungen wie in den vergangenen Jahren – kaum Regen und hohe Temperaturen, auch in der Nacht – sind dabei optimal für die „Sonnenanbeter“, wie Johanna Austermann sie nennt.

80 Mitarbeiter beschäftigt der Betrieb während der Saison zusätzlich zu den 30 Festangestellten. Sie sind im Wechsel auch sonntags im Einsatz. Einzig die Hofküche bleibt an diesem Tag geschlossen. Die sonntags geernteten Gurken werden direkt am Montagmorgen verarbeitet, sagt Austermann. „Innerhalb von maximal 24 Stunden haben alle unsere Gurken den Weg vom Feld ins Glas zurückgelegt.“ So garantiert die Familie frische und knackige Produkte. Denn je länger eine Gurke liegt, desto weicher wird sie. „Und eine weiche Gurke bekommt man nicht wieder knackig“, erklärt die 29-Jährige.

Für Johanna Austermann kann es zu den verschiedenen Mahlzeiten kaum genug eigene Gurken geben. Am liebsten isst sie wie auch die meisten Kunden den feinen Gurkentopf. „Auf dem Leberwurstbrot oder als Snack beim Frühstück und Abendbrot schmeckt er besonders gut“, sagt sie. Geht es um eine Beilage beim Grillen, zieht sie eine andere Kombination vor: die Kurkuma-Gurke. „Als Salat verarbeitet passt sie perfekt zum Fleisch.“

 

Hofladen Austermann
Neuwarendorf 24, 48231 Warendorf
Telefon: 02581 61941
E-Mail: info@hofladen-austermann.de
Internet:
www.hofladen-austermann.de

Öffnungszeiten:
Montag bis Samstag 9 bis 18 Uhr, Sonntag 10 bis 18 Uhr

Text und Fotos: Kirstin Oelgemöller


Eisgekühlte Exotik am Stiel

Sommer, Sonne, Eis – die Stieleiskreationen von Tamara Ciochetta aus Ahlen sind fruchtig und versprühen brasilianisches Flair.

Seit 2015 entwickelt Ciochetta immer wieder neue Rezepte. „Insgesamt habe ich schon 135 verschiedene Sorten entwickelt. 22 bieten wir aktuell an“, sagt sie. Paletas, was auf Spanisch Stieleis bedeutet, sind für Ciochetta mehr als eine Abkühlung. „Die Leidenschaft, Eis selbst zu Hause herzustellen, habe ich schon immer gehabt“, erklärt sie. In ihrer Kindheit in Brasilien hat ihre Familie selbst Eis aus frischen Früchten gefertigt.

Der Spaß an der Herstellung von kühlen Köstlichkeiten ist bis heute geblieben. „Begonnen hat 2015 alles mit der Sorte Acaibeere-Banane“, erinnert sie sich. Ob weiße Schokolade mit Joghurt und Grana-Padano-Käse, Holunderblüten in Brombeer-Joghurt mit Matetee oder cremiges Milcheis mit Fadennudeln und Walnuss – ihre Experimentierfreude kennt keine Grenzen. „Ich scheue mich nicht vor verrückten Kombinationen“, sagt die vierfache Mutter. Beliebt bei den Kunden seien unter anderem die Sorten Acaibeere mit Banane, Guava und Papaya-Orange, die zuckerfreie Sorte Mango-Minze oder Rhabarber-Joghurt.

Frische Zutaten, gute Rohstoffqualität, ein hoher Fruchtanteil – das zeichnet das Eis der Brasilianerin aus. Dabei verzichtet sie gänzlich auf künstliche Aromen und setzt auf sonnengereifte Früchte. Die Erdbeeren für die hierzulande-Eiskreation „Geröstete Mandeln in Heidelbeer-Erdbeer-Eis“ hat sie deshalb kurz vor der Herstellung selbst gepflückt. Die Nährwerte des fertigen rechteckigen Stieleises können sich auch durchaus sehen lassen. Zugefügt wird nur wenig oder gar kein Zucker. Alle Sorten sind glutenfrei, manche vegan. Die eckige Form des Stieleises ist keinesfalls zufällig gewählt. In Mexiko, wo das „Paletas“ auch zur Tradition gehört, wird es genau so vermarktet, erklärt Ciochetta.

Für die Gründung von „Paletas Brasil“ hat sich Ciochetta in einer international anerkannten Eisschule in Brasilien von einem der besten Speiseeishersteller, einem sogenannten Glacier, ausbilden lassen. In ihrer Eismanufaktur am Klärweg in Ahlen arbeitet sie mit einem fünfköpfigen Team. „Wir sind ein kleines Familienunternehmen“, fasst sie zusammen. Verkaufspremiere feierte sie im Gründungsjahr 2015 auf dem Münsteraner Stadtfest „Münster mittendrin“. Erhältlich ist das Eis derzeit in regionalen Supermärkten wie Rewe Schürbüscher in Beckum und Dolberg, sowie im Kempermarkt am Kerkmannplatz in Ahlen. Ihr volles Sortiment vertreibt die Brasilianerin an ihrer Produktionsstätte.

Doch lässt sich ein solches Stieleis auch zu Hause herstellen? „Natürlich. Es ist einfach und macht Spaß“, stellt die Eismacherin fest. Der Fruchtanteil sei entscheidend, verrät Ciochetta. Er muss bei mindestens 20 Prozent liegen. „Bei sauren Früchten wie Limetten reichen zehn Prozent, da das Eis sonst nicht genießbar wäre.“ Die Früchte können in Stücken, püriert oder als Saft zugefügt werden.

Paletas Brasil – Tamara Ciochetta
Klärweg 7, 59227 Ahlen
Telefon: 02382 9603595 (Montag bis Freitag zwischen 9 und 13 Uhr)
E-Mail: info@paletas-brasil.com
Internet: facebook.com/paletasbrasil
Abholung ab 5 Eis (bei Vorbestellung am Vortag) Dienstag und Donnerstag 15 bis 18 Uhr
Samstag und Sonntag 14 bis 17 Uhr; Lieferung ab 20 Eis möglich

Text und Fotos: Jana Sobolewski


Schön bei der Stange bleiben

 

 

Im Frühjahr hat Spargel in vielen Haushalten einen festen Platz auf dem Teller. So auch bei Familie Hüchtker.
Die Füchtorfer essen das königliche Gemüse aber nicht nur gern, sie bauen es selbst an.

Ein herrlicher Duft zieht durch die Küche von Gertrude Hüchtker-Knemeyer. Die Aromen frisch gegarten Spargels vermischen sich mit mediterranen Düften von geschmorten Oliven, Tomaten und Kapern. „Wir essen am liebsten den klassischen Spargel, probieren aber auch gerne etwas Neues aus“, erklärt die 57-Jährige. Das gilt zum Beispiel für den italienischen Spargel vom Blech, den sie gerade zubereitet.

Dass stets die eigenen, nach Bio-Richtlinien angebauten Stangen – sowohl weiße als auch grüne – von den umliegenden Feldern in der Küche Verwendung finden, steht außer Frage. „Und in der Spargelzeit gibt’s sie täglich“, betont Gertrude Hüchtker-Knemeyer und lacht.

Meist Mitte April starten sie und ihre fünf Kinder mit dem Familienbetrieb in die Hauptsaison. Bis zum Spargelsilvester am 24. Juni, dem Johannistag, können die Tage für die in dieser Zeit etwa 100 Beschäftigten des Hofs morgens bereits um 4.30 Uhr beginnen. „Wie spät es losgeht, hängt vom Wetter ab“, sagt Tochter Sophia. „Bei Hitze ist es angenehm, frühmorgens auf dem Feld zu sein und dann erst am Nachmittag oder gegen Abend wieder.“

Zudem ist die Mittagssonne nicht nur für die Arbeiter auf dem Feld eine Belastung, sondern auch für den Spargel nicht gut, da sich dieser bei hohen Temperaturen verfärbt und blau beziehungsweise violett wird. „Ich persönlich finde, dass er dann fast noch besser schmeckt, etwas würziger und intensiver, aber in Deutschland wird der weiße Spargel bevorzugt“, erklärt die 30-Jährige. In Frankreich hingegen gelte violetter Spargel als Delikatesse.

Dass die Spitzen des Staudengemüses sich verfärben, kann auch passieren, wenn es nach der Ernte nicht schnell genug heruntergekühlt wird. „Deshalb bemühen wir uns, die Kisten zügig vom Feld zu holen“, sagt Sophia Knemeyer. „Wenn es zu lange dauert, zieht der Spargel oben rosa an.“

Im Hofladen der Hüchtkers schält ihre Schwester Paulina einige Stangen des weißen Spargels für die Kunden. Während der Hauptsaison herrscht hier viel Betrieb. Nicht nur zwischen grün und weiß, sondern auch zwischen unterschiedlichen Dicken haben Kunden die freie Wahl. „Es ist wie beim Schinken, der eine isst gerne dicke Scheiben, der andere lieber hauchdünne“, sagt Sophia. Zum Ende der Saison hin würden die Stangen allerdings von ganz alleine dünner werden.

Vom grünen Spargel verkauft die Familie deutlich weniger als vom weißen. „Es werden einfach andere Gerichte damit gekocht und er wird eher in kleineren Mengen gegessen“, erklärt sie. Nach dem eigenen Lieblingsgericht gefragt, sind sich die Schwestern einig: „Klassisch mit Sauce hollandaise, Schinken und Kartoffeln“, sagen sie beinahe gleichzeitig und müssen lachen.

Mutter Gertrude Hüchtker-Knemeyer stimmt den beiden zu. Nicht nur geschmacklich sind sie alle von dem Gericht überzeugt, auch die kurze Zubereitungszeit habe ihren Vorteil, wenn es im Betrieb auf jede helfende Hand ankommt.

Bereits seit mehr als 60 Jahren baut Familie Hüchtker auf ihrem Hof in Sassenberg-Füchtorf Spargel an, seit 15 Jahren gemäß der EU-Bio-Verordnung. Das bedeutet, dass im Betrieb die Unkrautbekämpfung von Hand erfolgt. „Das ist ein hoher Mehraufwand, wir gehen zwischen jedem Damm viermal mit der Hacke durch statt einmal mit der Spritze“, beschreibt Gertrude Hüchtker-Knemeyer. „Wir sind davon überzeugt, dass man das auch an der Qualität und dem Geschmack erkennt“, erklärt sie. Die Treue ihrer Kunden scheint ihr recht zu geben.

Hof Hüchtker
Milter Straße 3, 48336 Füchtorf
Telefon: 05426 2397
E-Mail: spargelhof-huechtker@t-online.de
Internet: www.spargelhof-huechtker.de

Öffnungszeiten Hofladen: in der Saison täglich 9 bis 19 Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen; Verkauf auch auf den Wochenmärkten in Beckum, Oelde, Warendorf, Soest und Geseke

Text und Fotos: Kirstin Oelgemöller und Jana Sobolewski


Hier fliegen die Späne

Schwungvoll zieht Petra Rentrup ein Ziehmesser über den Baumstamm. Der liegt vor ihr, abgelegt auf zwei Holzböcken. Auf dem Boden kräuseln sich Späne. Etwas mehr als die Hälfte der Rinde hat sie bereits entfernt. Aus den Baumstämmen sollen Stelen mit Lichteinsatz entstehen, erklärt sie.
Doch bis zum fertigen Produkt werden noch einige Arbeitsstunden vergehen.

Mit Motorsäge und Schnitzeisen bearbeitet Rentrup die mal sehr dicken und mal etwas dünneren Baumstämme, bis aus ihnen ein Kunstwerk entstanden ist. „Für diese Figur habe ich die Kettensäge auch zum Modellieren genutzt“, erklärt sie und zeigt auf einen fast lebensgroßen Bauern.
Dass dabei nichts schiefgeht, erfordert Übung und eine ruhige Hand. Denn was einmal weggeschnitten oder -gehauen wurde, lässt sich nicht wieder ergänzen.

Seit 1994 hat Petra Rentrup auf ihrem elterlichen Hof in St. Vit ihr eigenes Atelier. Neun Jahre vorher hatte sie ihre Lehre begonnen und in der Zwischenzeit in verschiedenen Betrieben gearbeitet, unter anderem in einer Restaurierungswerkstatt, einer Bilderrahmerei und einer Bildhauerei.

Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Werkstatt, oft auch mit anderen Gewerken zusammen; mit Tischlern im Bereich der Möbelornamentik, oder auch mit Zimmerleuten. „Ich beschnitze Fachwerkhäuser oder ergänze etwas, wenn in einem Haus ein neuer Balken gesetzt wird und alte Zeichnungen, Schriften oder Ornamente darauf übertragen werden müssen“, erklärt die Holzbildhauermeisterin.

Einen eigenen Schwerpunkt hat sich Rentrup gesetzt, indem sie über die Jahre ein Sortiment an Krippenfiguren aufgebaut hat. Inzwischen bietet sie
80 Modelle in drei Größen an. Es gibt außerdem unterschiedliche Holzvarianten, naturbelassen oder bemalt. In ihrem Atelier zeigt sie eine Auswahl der Figuren, in der Adventszeit besonders festlich dekoriert. Maria und Josef mit dem Jesuskind gibt es in verschiedenen Variationen, daneben reihen sich Esel, Schafe, und auch die Heiligen Drei Könige sind mit Kamelen unterwegs zum Stall.

Viele dieser Figuren schnitzt Rentrup aus Lindenholz. „Das ist in unserer Region das typische Bildhauerholz, weil es sehr weich ist“, erläutert die Kunsthandwerkerin. Es sei nicht nur regional, sondern auch schön hell und mit weniger Kraftaufwand zu bearbeiten als Eichenholz. „Eiche schnitze ich aber auch. Sie hat allerdings eine auffälligere Maserung als Linde, ist eher ockerfarben als hell. Ich benötige mehr Zeit für die Figuren, weil das Holz härter ist.“ Auch viele andere hölzerne Stücke kann man in ihrem Atelier entdecken, zum Beispiel Baumschmuck, Tannenbäume und Sterne, aber auch nicht weihnachtliche Motive wie Holzschalen und Lesezeichen.

Zu sehen, was aus einem einfachen Stück Holz entstehen kann, ist das, was Rentrup große Freude an ihrem Beruf bereitet, sagt sie. Bis die fertige Figur allerdings vor ihr steht, sind nicht nur viele Stunden Arbeit vergangen, sondern auch verschiedene Materialien zum Einsatz gekommen.

Zunächst geht es an den Entwurf. Dafür fertigt sie ein grobes Tonmodell. „Das gibt mir die Möglichkeit, die Figur dreidimensional vor mir zu sehen und einen Blick für das Ganze zu bekommen“, erklärt sie. Gerade arbeitet sie an einem sitzenden Hirtenjungen, der zu einem Hirtenmädchen passt und aus beiden ein Paar werden lässt. Entspricht das Modell den Erwartungen, geht es an die Arbeit mit ihrem Lieblingsrohstoff: Holz. „Ich schaue, wie dick und breit es sein muss und schneide zunächst mit der Bandsäge die Kontur“, beschreibt Rentrup. Zuvor hat sie den kleinen Figurenbock an ihrer Holzbank eingespannt. Sie kann ihn nun von allen Seiten bearbeiten und passend drehen.

Dann beginnt das Heraushauen der Figur. Die Kunsthandwerkerin nimmt einen hölzernen Hammer in Glockenform in die rechte Hand. „Der Knüpfel ist ein wichtiges Werkzeug, weil er die Arbeit beim Abtragen des Holzes extrem erleichtert.“ In der linken Hand hält sie das Schnitzeisen. Das setzt sie am Bein des Hirten an. Es folgen mehrere Schläge mit dem Knüpfel. Millimeter für Millimeter treibt dieser das Eisen ins Holz. Eine feine Schicht des Holzes wird abgetragen und rollt sich auf, bevor es zur Seite fällt. Auf dem Boden und der Werkbank zeugen unzählige Späne sowie feiner Staub von der Arbeit.

Geht es an die Feinarbeit, legt sie den Knüpfel zur Seite. „Dann arbeite ich nur noch mit der Hand, weil ich das Abtragen des Holzes besser steuern kann.“ Nach und nach erhält die Figur Konturen, auch Details kommen zum Vorschein. Der einst glatte Holzblock ist nicht mehr wiederzuerkennen.
Die einzelnen Finger werden sichtbar, das Gesicht und die Haare, die unter der breiten Krempe des Hutes hervorschauen. Mit jedem Handgriff kommt Rentrup dem Ergebnis näher. Naturbelassen kostet die etwa 15 Zentimeter große Krippenfigur aus Lindenholz später um die 190 Euro. Die Preise variieren je nach Figur, Größe und Material.

Ihr Wissen gibt die Kunsthandwerkerin in Schnitzkursen an der Volkshochschule Oelde/Ennigerloh an Interessierte weiter, die jedes Jahr im Frühling stattfinden. „Ich bin immer wieder überrascht, welche Ideen die Teilnehmer umsetzen. Es entstehen Katzen, Eulen oder ganz andere Dinge“, sagt sie. „Viele gehen ganz unkonventionell an die Arbeit, das ist für mich spannend zu beobachten.“

Petra Rentrup - Holzbildhauerei
Rentruper Straße 4
33378 Rheda-Wiedenbrück, Ortsteil St. Vit
Telefon: 05242 3281
E-Mail: info@rentrup.de
Internet: www.rentrup.de

Öffnungszeiten der Adventsausstellung (bis zum 23. Dezember): Montag bis Freitag 9 bis 12 Uhr sowie 14 bis 19 Uhr, Samstag 9 bis 13 Uhr sowie 14 bis 17 Uhr, Sonntag (keine Beratung, kein Verkauf) 14 bis 18 Uhr;
ab Januar: Montag 9 bis 12 Uhr sowie 13 bis 17 Uhr und Donnerstag 13 bis 19 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung

Text: Kirstin Oelgemöller, Fotos: Kirstin Oelgemöller, privat

Familie Gretenkort schwärmt für Honig

Auf dem Brötchen, in der Soße oder im Tee: Honig ist ein Multitalent – und aufwendig in der Herstellung. „hierzulande“ hat die Hobbyimker Bernhard und Fabian Gretenkort aus Rheda-Wiedenbrück eine Saison lang begleitet.

Die Zehn-Grad-Marke ist geknackt, die Winterruhe ist vorbei. Das Bienenvolk von Bernhard und seinem Sohn Fabian Gretenkort sammelt fleißig aus den Blüten in Rheda-Wiedenbrück Nektar und produziert Honig. Das Bienenjahr beginnt für die Imker mit der ersten Kontrolle im März: Geht es dem Bienenvolk gut? Hat es den Winter überlebt? Fabian Gretenkort schaut in den Kasten im Garten seines Elternhauses. Ein leises Summen kündigt es bereits an: Sein Volk ist wohlauf.
In den darauffolgenden Wochen kommt es darauf an, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, um den Bienenstock auf Nachwuchs-Königinnen zu überprüfen. Schlüpfen die jungen Königinnen, ohne dass die Imker es mitbekommen, tötet die erstgeschlüpfte Prinzessin die anderen. Die alte Königin verlässt mit den Flugbienen – etwa der Hälfte des Volks – und einem Großteil des Honigs den Stock: Die Bienen schwärmen.

Die Hobby-Imker überprüfen zudem, ob das Bienenvolk weitere Prinzessinnen heranzüchtet. Fabian Gretenkort füllt dafür einen Smoker mit Drechselspänen. Das Gerät erinnert an einen Hand-Blasebalg. „Im Smoker mache ich ein kleines Feuer, mit dessen Rauch ich die Bienen ablenke“, erklärt der 22-Jährige. „Die denken dann, dass es brennt – und was macht man, wenn es brennt? Man packt seine Siebensachen. Das ist bei den Bienen das Futter.“ So seien die Tiere erst einmal beschäftigt und kümmerten sich nicht besonders um den Imker.

Ausgestattet mit Smoker und einem Schutzanzug geht er zum Bienenstock. Dieser besteht aus drei Teilen, sogenannten Zargen, die wiederum meist zehn Holzrähmchen mit Wachswaben enthalten. Diese Wachswaben wiederum nutzen die Bienen, um darin Honig einzulagern und den Nachwuchs aufzuziehen. Fabian Gretenkort greift die obere Zarge des Holzkastens – den Honigraum – und nimmt ihn herunter. Unter dem Honigraum kommt ein Gitter zum Vorschein, das auf der zweiten Zarge liegt. „Die Bienen passen dort hindurch und können den Honig in der oberen Zarge, also im Honigraum, ablegen – die Königin hingegen ist zu groß für das Gitter und muss unten bleiben.“ So gelangen keine Eier in den Honigraum. Dafür sind die unteren beiden Zargen da. „Den Honig in der oberen Zarge wollen wir schließlich ernten“, erklärt Fabian Gretenkort. Er drückt mehrfach auf den Smoker und räuchert den Holzkasten von oben bis unten ein.
„Den Honigraum setzen wir immer zur Zeit der Kirschblüte auf“, sagt er.

Es ist Ende Mai: Die Frühtracht ist erntereif. Diesen Honig haben die Bienen seit der Kirschblüte aus allem Nektar zusammengetragen, den sie im Umkreis von drei Kilometern gefunden haben.
Fabian Gretenkort steigt in den Imker-Schutzanzug und macht sich auf den Weg zu den Bienen. „Ich nehme gleich den Honigraum vom Stock herunter, fege die Bienen ab und nehme die mit Honig gefüllten Waben zum Schleudern mit rein“, erklärt der 22-Jährige, während er vorsichtig die Zarge mit den Waben anhebt und damit ein wildes Gesumme auslöst.
„Die Bienen werden jetzt ganz schön sauer“, erklärt er. „Sie fliegen richtige Attacken gegen mich.“ Mit hoher Geschwindigkeit sausen die gestreiften Insekten auf den Hobby-Imker zu, schwirren um ihn herum und versuchen,
ihr schmackhaftes Hab und Gut zu verteidigen.

Fabian Gretenkort nimmt die einzelnen Waben heraus und entfernt mit einem Besen vorsichtig die Bienen, die darauf sitzen. Anschließend schiebt er die gefüllte Zarge mit einer Sackkarre zum Wintergarten. Mindestens 20 Kilogramm Honig plus das Gewicht des Holzes und des Wachses – das summiert sich ganz schön. Im Wintergarten sind bereits die Schleudermaschine und das Entdeckelungs-Geschirr – ein Waben-Ständer und eine spezielle Gabel – aufgebaut. Gemeinsam mit seiner Mutter Andrea stellt Fabian Gretenkort die vollen Waben auf den dafür vorgesehenen Ständer. Mit einer Entdeckelungsgabel lösen beide vorsichtig die Wachsschicht, mit der die Bienen die Honigwaben verschlossen haben. „Wir sammeln auch den Wachs“, erklärt Bernhard Gretenkort. Eingeschmolzen kommt dieser bei der Herstellung neuer Waben zum Einsatz, mit denen die Imker den Bienen Arbeit abnehmen wollen – oder er würde zu Kerzen verarbeitet. „Früher habe ich auch mal selbst Kerzen aus dem Wachs geformt, aber aktuell fehlt mir die Zeit dafür“, sagt Fabian Gretenkort.

Anschließend kommen vier der beidseitig entdeckelten Waben in die Honigschleuder. Erst rotiert die Trommel etwas langsamer, dann wendet Bernhard Gretenkort die Waben. „Das nennt sich anschleudern“, erklärt er. „Dabei wird schon ein Großteil des Honigs hinaustransportiert.“ Anschließend kann die Schleuder mit einer höheren Drehzahl auch den restlichen Honig aus den Waben befördern. „Würden wir den Zwischenschritt nicht machen, könnte die Wachsschicht in der Mitte brechen, die zwischen den beiden Seiten ist“, erklärt Fabian Gretenkort. Bernhard Gretenkort stellt eine frisch entdeckelte Wabe in die Schleuder. „Die wiegt bestimmt zwei Kilogramm“, sagt er stolz und schaltet die Maschine an. Der Honig fliegt aus den Waben gegen die Wand der Trommel, läuft daran herunter und durch einen Zapfhahn über ein Sieb, das restliche Wachsstücke herausfiltert, in einen großen Eimer.

Vier Eimer mit jeweils rund zwölf Kilogramm Honig sind der Ertrag aus 50 ausgeschleuderten Waben. „So wie wir den Honig hier sehen, hält er unbegrenzt – allerdings müssen wir als Haltbarkeitsdatum zwei Jahre nach dem Abfüllen ausweisen“, berichtet Bernhard Gretenkort. Fertig ist die klebrige Leckerei aber noch nicht. „In etwa drei Tagen ist der Honig schon deutlich fester, in einer Woche bricht ein Messer darin ab“, erläutert Fabian Gretenkort. Sobald die Familie ausreichend Zeit hat, erwärmen die Hobby-Imker den Honig, sodass dieser wieder flüssiger wird und gerührt werden kann.

Im Juli ist es endlich so weit. Gretenkorts haben neben Arbeit und Studium nun Zeit gefunden. Sie rühren den Honig mit einer Maschine, die mit einem Mörtelrührer vergleichbar ist. „Das Rühren zerstört Kristalle, durch die der Honig aushärtet – je länger wir rühren, umso kleiner werden die Kristalle und umso cremiger wird der Honig“, erklärt Fabian Gretenkort. Mithilfe eines Abfüllkübels, an dem eine Art Zapfhahn angebracht ist, füllen er und sein Vater den Honig eimerweise in die Gläser. Anschließend packen sie diese in Kartons und verkaufen sie an der Haustür. „Die sind immer schnell weg, wir brauchen definitiv keine Werbung zu machen“, sagt Fabian Gretenkort.

Text und Fotos: Anika Reckeweg

Von der Liebe zu Klecksen

Andere lesen oder gucken Fernsehen, die Ahlenerin Nicki Pollmeier malt, um zu entspannen. So entstehen individuelle Figuren und filigran geschriebene Sprüche.

Konzentriert setzt Nicki Pollmeier den feinen, schwarzen Stift auf das farbig gesprenkelte Blatt Papier. Sie hat sich zwei blaue Kleckse ausgesucht, aus denen sie eine Glockenblume zeichnen möchte. Wenige Striche, dann ist sie zufrieden. Die farbigen Punkte, die sie zuvor mit einem Pinsel und Aquarellfarbe auf das Papier gesprenkelt hat, fassen sich nun harmonisch zu der zierlichen Pflanze zusammen. „Wichtig ist, sich nicht zu sehr zu bemühen, denn sonst wirkt es verkrampft. Besser ist es, es einfach zu versuchen“, erklärt die als Krikelakrak bekannte Illustratorin. „Es muss nicht alles ganz gerade oder perfekt sein, das verleiht später den besonderen Charme.“

Seit 2013 ist das Malen nicht mehr nur Hobby, sondern auch nebenberufliche Leidenschaft für die Angestellte im Personalbereich. „Damals bin ich gefragt worden, ein Buch für die Caritas zu illustrieren, und damit fing alles an“, beschreibt sie rückblickend. Eine Figur, die Nicki Pollmeier selbst widerspiegelt und die mittlerweile zu ihrem Markenzeichen geworden ist, ist ein Mädchen mit lockigen blonden Haaren im blau-weiß gestreiften Shirt. „Das ist mein persönlicher Mini-Me“, sagt Pollmeier selbst. Schritt für Schritt ist derweil eine farbenfrohe Blumenwiese auf dem einst weißen Blatt Papier entstanden. Einige kleine grüne Flecken sind inzwischen zu Blättern geworden, farbige zu Blüten. Gezeichnet hat sie diese mit einem Fineliner mit einer Stärke von 0,05 Millimetern. „Die Aquarellfarben wirken auch sehr fein. Hätte ich die Blumen mit einem dickeren Stift gezeichnet, wäre es überladen gewesen“, erklärt Nicki Pollmeier.

In der Mitte des späteren Willkommensschilds hat die Illustratorin einen Bereich frei gelassen. Lediglich einzelne farbige Kleckse haben ihren Platz gefunden, jedoch keine gezeichneten Blumen. Die freie Fläche soll ein Schriftzug zieren. Dafür kommt ein sogenannter Brushpen mit flexibler Spitze zum Einsatz. Nicki Pollmeier nutzt ihn für das Handlettering, die Schönschrift. Dabei werden Buchstaben kunstvoll gezeichnet. In der rechten Hand hält sie den schwarzen Stift leicht schräg. Sie setzt an und zeichnet Buchstabe für Buchstabe schwungvoll zwischen Glockenblume und Rose aufs vorbereitete Blatt. „Beim Abschwung, also wenn man nach unten zieht, drückt man den Stift etwas, dadurch wird der Strich breit“, erklärt Nicki Pollmeier konzentriert. „Beim Aufschwung bleibt man leicht, der Stift gleitet zart über das Papier und es entsteht eine dünnere Linie.“

Wichtig sei, die Neigung des Stifts die ganze Zeit über beizubehalten, damit die Linie gleichmäßig wird. Ein weiterer Tipp von Krikelakrak: Die Schwünge üben, bevor man sich an das erste Lettering wagt. „Dafür sollte man sich Zeit nehmen. Je besser man den Schwung innehat, desto einfacher fällt später das Schreiben.“ Zahlen wie eine Eins oder ein schwungvoll geschriebenes O oder e würden sich besonders gut dafür eignen.

„Für mich ist das Zeichnen etwas, das mich entspannt“, beschreibt die Illustratorin ihre Leidenschaft. „Ich liebe es, wenn meine Finger hinterher bunt sind. Und ich liebe Kleckse“, sagt sie. Die Begeisterung für Farben und Ideen spiegelt sich auch in ihrem Künstlernamen Krikelakrak wider. „Den habe ich mit einer Freundin ersponnen“, erinnert sich Nicki Pollmeier. Das Wort selbst kenne sie aus der Kindheit. Sie verbinde es bis heute damit, dass man etwas Abstraktes häufig als „Krikelakrak“ abtue. „Doch genau das, also die Kreativität fließen zu lassen, ist so wichtig“, sagt sie. Zugleich spiegele es ihre Leidenschaft wider – genau deshalb sei der Name so perfekt unperfekt.

Kontaktdaten:
Nicki Pollmeier
E-Mail: nicki@krikelakrak.de
Internet: www.facebook.com/krikelakrak

Text: Kirstin Oelgemöller, Fotos: Kirstin Oelgemöller und Nicki Pollmeier


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Wilder Genuss

Nach und nach trauen sich die Wachteln an das Gitter ihres Stalls. Vorsichtig, eine nach der anderen. Neugierig schauen die gefiederten Tiere ihrem Besuch entgegen. „Scheu sind sie nicht“, bekräftigt Oliver Bresser. 2015 hat der 17-jährige aus Ennigerloh-Westkirchen mit der Zucht begonnen. „Ursprünglich wollte ich Hühner haben“, gibt er zu. „Aber damit waren meine Eltern nicht einverstanden.“ Der Kompromiss: französische Legemastwachteln. Die benötigten nicht so viel Platz.

Der natürliche Lebensraum der Tiere beschränkt sich vor allem auf Wiesen und Felder. „Allerdings ist der Bestand in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen“, sagt Jan Bernd Sändker. Heute seien Wachteln dort nur noch in Ausnahmefällen zu beobachten. „Zumindest in unserer Region“, betont der 23-jährige, der seinen Cousin Oliver Bresser bei der Zucht unterstützt. Angefangen haben die beiden mit sechs Tieren. Schnell wurden daraus mehr: Bis zu 200 sind es zu Spitzenzeiten, Küken inklusive.

Mehr als viermal so viele leben bei Jörg Winkler. Gut 900 Wachteln tummeln sich im April und Mai auf dem Hof seiner Familie in Schloß Holte-Stukenbrock. Während er einige Tiere für die eigene Zucht benötigt oder zum selben Zweck verkauft, ereilt ein Teil von ihnen mit neun bis zehn Wochen ein anderes Schicksal. „Sie werden der Küche zugeführt“, sagt Winkler.
Klein, aber fein – das trifft auf die Wachtel kulinarisch zu. Vor allem in Frankreich gilt sie als Delikatesse. Hierzulande steigt die Nachfrage ebenfalls, betont er. Das Fleisch sei dunkel, zartfaserig und besitze zugleich eine angenehme Würze. „Geschmacklich erinnert es ein wenig an Wild“, betont der Experte.

Gebraten würden die Wachteln aufgrund ihrer Größe meist im Ganzen. „Küchenfertig wiegt ein Tier nur zwischen 250 und 300 Gramm“, sagt Winkler. Zubereiten ließen sie sich gut im Backofen. „Oder auch auf dem Grill.“ Da das Fleisch nur einen geringen Fettgehalt besitze, sei es wichtig, auf die Garzeit zu achten. „Sonst wird es schnell trocken.“ Doch nicht nur aus dem Fleisch lässt sich in der Küche ein leckeres Gericht zubereiten. Auch die Eier der Wachtel sind eine beliebte Spezialität. Egal ob gekocht, pochiert oder zu Eierlikör verarbeitet – „es gibt viele verschiedene Möglichkeiten“, sagt Winkler.

Nicht zuletzt sind die Wachteleier aufgrund ihrer natürlichen, hell-dunklen Maserung eines: dekorativ. Das weiß auch Rosida Eickelpasch. Die 74-Jährige aus dem Ennigerloher Stadtteil Enniger lässt ihrer Kreativität seit Kindestagen gern freien Lauf. Schon in frühen Jahren hat sie begonnen, Eier zu bemalen. „Die Form des Eis hat für mich etwas Perfektes“, hebt die Expertin hervor. Deswegen ließe es sich auch gestalterisch vielseitig einsetzen – zum Beispiel in Frühlings- und Ostergestecken.

Farbige Muster gefallen Eickelpasch besonders.  „Orient Pop“ nennt die 74-jährige jene Stilrichtung, der sie sich mit Leidenschaft verschrieben hat. Dabei setzt sie auf bunte, orientalisch angehauchte Ornamente. Außerdem ließen sich die Eier auch vergolden. Im Hause Eickelpasch übernimmt diese Aufgabe stets Ehemann Rolf. Mit Geschick, Geduld, etwas Kleber und einem Pinsel verwandelt er die gefleckten Exemplare in einheitlich glänzende Kostbarkeiten. Zum Blickfang werden die Eier zum Beispiel an einem Strauß. Eickelpasch: „Äste in eine Vase stellen, eventuell zusammen mit ein paar zarten Blumen – mehr braucht es nicht.“

Text und Fotos: Jana Hövelmann

Töttchen macht schön – schön satt

Auf die Frage, was typisch westfälisch ist, hat Metzgermeister Ferdinand Crabus aus Ahlen sofort eine Antwort.
„Das Töttchen“, sagt er, und löst dabei ein Schweinebäckchen vom gekochten Schweinekopf. Schon um kurz nach halb fünf am Morgen hat er die Zutaten für das typisch westfälische Fleischgericht in einem großen Kessel aufgesetzt.

Neben Schweineköpfen hat der 61-Jährige Herz und Nieren von Schwein und Rind hinzugefügt. Das sind die elementaren Zutaten für Töttchen, Möppkenbrot und Grützwurst, die zu den westfälischen Spezialitäten gerechnet werden.

„Das sind Gerichte, die früher in fast jedem Haushalt ihren festen Platz hatten. Heute ist das anders. Töttchen essen eher die älteren Leute“, erklärt Crabus. Dabei hat der Fleischeintopf, wie ihn der Metzgermeister aus der Kolonie, wie er sich selbst bezeichnet, eine ungeahnte Wirkung. „Töttchen macht schön“, sagt er ohne eine Miene zu verziehen. „Schön
satt“, fügt er mit einem Lächeln hinzu. Bernd Borgmeier, Küchenmeister und Inhaber von Pütt’s Gasthaus in Langenberg, setzt in seinem Betrieb auf regionale und saisonale Küche. Westfälische Gerichte haben auf der Karte deshalb einen festen Platz.

Doch bevor der Koch Pfefferpotthast und Möppkenbrot zubereitet, muss der Metzger noch einiges leisten.

Crabus gehört zu denen, die die Tradition hochhalten. Völlig selbstverständlich sortiert er die gekochten Innereien und trennt das Muskelfleisch vom Schweinekopf. Über das, was zu Töttchen, Möppkenbrot und Grützwurst verarbeitet wird, gibt es die wildesten Gerüchte. Das meiste lässt den Fleischermeister nur mit dem Kopf schütteln. „Da kommen nur beste Zutaten hinein“, betont er. „Töttchen ist magerer als viele gängige Wurstsorten. Jede Schinkenwurst hat mehr Fett. Es sieht halt nur nicht so schön aus.“ Auf das Aussehen haben die westfälischen Vorfahren, die die Rezepturen schon im Mittelalter geschätzt haben, keine Rücksicht genommen.

„Die westfälische Küche ist unspektakulär. Sie ist deftig, ländlich geprägt und macht satt“, erklärt Borgmeier. Das sei jedoch kein Makel, eher etwas, das es hervorzuheben lohne, sagt der 46-Jährige. Rindfleisch mit Zwiebelsoße, Pfefferpotthast und Möppkenbrot hat der weitgereiste Küchenchef auf der eigenen Karte. Gerichte, die in Hamburg, London und Sydney, wo er in Sterne-Häusern gekocht hat, keinen Platz hatten.

In einem Topf köchelt falsches Rinderfilet – also ein Teilstück der Schulter, das von einer kräfigen Sehne durchzogen ist – vor sich hin. „Das habe ich mit drei Litern kaltem Wasser aufgesetzt“, erklärt der Koch.

Mit einem Löffel schöpft er den Schaum, der sich beim Kochen bildet, ab. „Das ist wichtig, denn als Vorspeise soll es eine klare Brühe geben“, erklärt er und fügt im Anschluss noch Suppengemüse, eine in der Pfanne angebratene Zwiebel – „die gibt der Suppe einen schönen goldenen Farbton“ – Liebstöckel und ein Lorbeerblatt hinzu. „Jetzt muss das Fleisch in Ruhe garen.“

In der Zwischenzeit schneidet Borgmeier die Zwiebeln für die Soße. Sie werden in Butter angedünstet, mit Mehl bestäubt, dann mit Brühe abgelöscht und gegart. Neben Pfeffer und Salz gibt er auch einen großen Löffel Zucker hinzu und einen Schuss Estragon-Essig. Aus gekochten Kartoffeln und selbstgemachter Mayonnaise macht er einen Kartoffelsalat. Mit wenigen gekonnten Handgriffen entsteht aus dem gekochten Fleisch, dem Kartoffelsalat und der Zwiebelsoße auf dem Teller ein westfälischer Klassiker, der bei Hochzeiten und Geburtstagen hoch im Kurs steht. Dann folgt die westfälische Quarkspeise. Magerquark, Sahne, Zucker, eine Vanilleschote, angedickte Kirschen, wahlweise auch Preiselbeeren gehen zusammen mit gehacktem Pumpernickel und Schokolade eine Verbindung ein. „Nicht spektakulär“, sagt Borgmeier.
„Aber lecker.“ Und einfach westfälisch.

 

Adressen & Öffnungszeiten
Metzgerei Ferdinand Crabus
Hansastraße 17, 59229 Ahlen
Telefon: 02382 73613

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 6.30 bis 12 Uhr sowie Dienstag bis Freitag 14.30 bis 18 Uhr,
Samstag 6.30 bis 12.30 Uhr

Pütt’s Gasthaus
Lippstädter Str. 123, 33449 Langenberg
Telefon: 05248 7018
E-Mail: info@puetts.de
Internet: www.puetts.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag Küchenzeiten 17 bis 21.30 Uhr,
Sonntag und Montag Ruhetag (an Weihnachten sowie auf Anfrage für Gesellschaften geöffnet)

Text und Bilder: Harald Hübl

Fruchtige Verführung von süß bis herzhaft

Sie sind süß – mal dezent, mal intensiv – und gesund: Birnen. Passend zur Saison zeigen Landfrau Sigrid Eickel aus Wadersloh und Koch Bernd Strohbücker aus Everswinkel-Alverskirchen, wie vielfältig das Obst ist.

Den Sparschäler in der rechten, die Birne in der linken Hand, macht sich Bernd Strohbücker ans Werk. „Birnen sind vielfältig nutzbar. Dabei ist es aber sinnvoll, zu den unterschiedlichen Gerichten die passende Sorte auszuwählen“, erklärt er. Die Conference, die er gerade schält, benötigt er für ein Gemüse, das er zu Filets vom Hasenrücken und Kartoffelrösti serviert. Die englische Sorte sei weich und saftig, dadurch nur bedingt lagerbar, im Geschmack sehr süßlich und vergleichbar mit der Williams-Christ-Birne.

Vor Strohbücker liegen aber noch zwei weitere Sorten. „Die Forelle ist eine deutsche Birne. Sie ist vergleichsweise fest. Deshalb kann man sie eine Zeit lang kochen, ohne dass sie zerfällt“, erläutert er. „Das ist perfekt für Weinbirnen.“ Die Abate Fetel, eine französische Sorte, ist demgegenüber eher sandig in der Konsistenz und gut lagerbar.

Manchmal weiß aber auch der Koch nicht genau, welche Sorte gerade vor ihm liegt. „Hier ganz in der Nähe ist die Straße West von Birnenbäumen gesäumt. Irgendeine alte Sorte wächst dort“, erklärt er. Im Spätsommer seien die Bäume reich an Früchten. Das bestätigt auch die Stadt Sendenhorst, zu deren Gebiet die Straße gehört. Das Pflücken sei dort grundsätzlich erlaubt, allerdings bittet die Verwaltung vorab um einen kurzen Anruf.

Unter dem Stichwort essbare Landschaften gibt es im Internet Gruppen, die sich gegenseitig darüber informieren, wo es in der Öffentlichkeit Obstbäume gibt, die frei zugänglich sind. Unter anderem am Haus Nottbeck in Oelde-Stromberg gibt es eine Streuobstwiese mit Birnen- und Apfelbäumen, aber auch in Gütersloh-Isselhorst an der Ummelner Straße sowie am Schäringerfeld in Ahlen-Vorhelm säumen Birnenbäume die Straßen. Diese sind laut den zuständigen Grünflächenämtern der Städte allerdings jeweils sehr hoch gewachsen, sodass dort nur das Fallobst aufgesammelt werden sollte. Für eine kleine Stärkung auf einer Radtour oder für die Verarbeitung zu Kompott oder im Kuchen eignen sich die Früchte dennoch.

Von der Poststelle zum Gasthaus

Das Gasthaus an der L520 zwischen Sendenhorst und Münster-Wolbeck hat Bernd Strohbücker von seinen Eltern übernommen, die es ebenfalls geerbt haben. So gehe das schon seit vielen Generationen, sagt der Koch. „Das erste Mal urkundlich erwähnt wurde das Haus Ende des 18. Jahrhunderts als Poststelle“, erklärt er.

Am Handelsweg zwischen Beckum und Münster gelegen, versorgten seine Vorfahren die Vorbeifahrenden mit Getränken und Kleinigkeiten aus der Küche auf die Hand. Irgendwann nahm die Familie den Saalbetrieb auf. Seine Eltern wandelten den Nebenerwerb schließlich zum Haupterwerb um.

Bernd Strohbücker liebt es, am Herd zu stehen. Seit 28 Jahren ist er Koch, hat unter anderem in einer Sterneküche gearbeitet. Seit 15 Jahren führt er den Familienbetrieb – und ist stets motiviert, Neues auszutesten. Im Herbst sind Birnen regelmäßig Teil seiner Speisekarte. Saisonale Produkte sind Strohbücker wichtig. Das Birnen-Walnuss-Gemüse mit Möhren ist eine dieser Ideen.

Schokolade und Birne – eine tolle Kombination

Einen fruchtigen Nachtisch bereitet Sigrid Eickel gerne zu: Sie schichtet eine Creme aus Quark und Mascarpone mit Birnen und Himbeeren und streut gebröselte Schokoladen-Cookies darauf. „Schnell gemacht und einfach lecker“, fasst die Landfrau zusammen. Vor allem die Kombination von Birne und Schokolade sagt ihr zu. Das gilt auch fürs Backen. Ein Biskuitteig mit Backkakao verfeinert, belegt mit angedünsteten Birnen und mit einer Schmandcreme  überzogen kommt regelmäßig bei der Familie auf den Tisch.

Etwas aufwändiger ist die Birnen-Wein-Torte mit Mandelboden. Nachdem die Birnen vorbereitet sind, gibt Eickel Weißwein und Birnensaft in einen Topf. Wer keinen Alkohol verwenden möchte, könne stattdessen komplett auf Birnen- oder Apfelsaft zurückgreifen, erklärt sie. Schritt für Schritt geht die 51-Jährige vor, rührt mit der Flüssigkeit und Puddingpulver eine Creme an und gibt die zuvor kurz mitgekochten Birnen wieder dazu. Während die Masse auskühlt, schlägt sie Sahne, karamellisiert die gehackten Mandeln und stellt den Eierlikör bereit. Nacheinander gibt sie alles auf den Tortenboden.  „Man kann aber auch auf den Likör verzichten und einfach Schokoladenraspel auf die Torte geben“, erläutert sie. „Wie gesagt: Die Kombination von Birne und Schokolade ist einfach sehr lecker!“

Haus Strohbücker
Holling 2, 48351 Everswinkel-Alverskirchen
Telefon: 02526 1409
E-Mail: lecker@haus-strohbuecker.de
Internet: www.haus-strohbuecker.de

Öffnungszeiten:
Donnerstag bis Samstag ab 15 Uhr
sowie Sonntag und an Feiertagen ab 11 Uhr

Text und Bilder: Kirstin Oelgemöller


Brotaufstrich für Zuckerschnuten

Mit einem Holzlöffel in der Hand rührt Lea Westhues im Kochtopf. Geduldig, Minute für Minute. Es dauert eine Weile, bis die Masse aus pürierten Erdbeeren und Gelierzucker anfängt zu kochen. „Wichtig ist, dass nichts ansetzt“, sagt Mutter Susanne. Etwas mehr als drei Minuten dauert es, bis die Marmelade ihre richtige Konsistenz erreicht hat. „Für den Pfiff kommen weiße Schokoladen-Raspeln hinzu“, erklärt die 47-Jährige. Jetzt noch kurz unterrühren, dann ist der süße Fruchtaufstrich fertig zum Abfüllen.

Konfitüre, Marmelade und Gelee dürfen auf dem Frühstückstisch der Familie nicht fehlen. „Am besten schmecken sie selbst gemacht – mit Früchten aus dem eigenen Anbau“, sagt Susanne Westhues. Und davon hat sie reichlich. Seit 2004 baut sie zusammen mit ihrem Mann Gregor in Rheda-Wiedenbrück Beeren an: Auf 18 Hektar wachsen Erdbeeren, ungefähr zwei weitere Hektar teilen sich Heidel-, Brom- und Himbeeren. Frische Fruchtaufstriche kocht sie regelmäßig – ebenso wie Marita Horstmann aus Sassenberg-Füchtorf.

„Man muss mutig sein und neugierig bleiben, Rezepte ausprobieren und sie gegebenenfalls seinen Vorstellungen anpassen“, sagt die Landfrau. Ihr sei dabei wichtig, stets mit der Saison zu gehen. „Ich achte immer darauf, was hierzulande gerade wächst“, betont sie. Bisher sei ihr noch keine Frucht untergekommen, die sie nicht hätte zu einem der süßen Leckereien verarbeiten können. Auch wenn es manche Obstsorten gebe, die sich besonders gut kombinieren ließen. „Für mich ist das zum Beispiel die Erdbeere“, sagt Susanne Westhues. Ob mit Limette, Banane, Aprikose, Rhabarber oder geistreich mit Prosecco – „das passt alles richtig gut“.

„Marmelade zu kochen erfordert keinen großen Aufwand“, sagt Marita Horstmann. Je nach Rezept dauere es nur wenige Minuten. „Und das ist gut investierte Zeit“, betont sie. Denn die Fruchtaufstriche ließen sich vielseitig einsetzen. Sie schmeckten eben nicht nur auf dem Brot gut. Sondern zum Beispiel auch in Joghurt. „Ich kaufe prinzipiell nur Naturjoghurt“, stellt die Füchtorferin heraus. In diesen mische sie dann ihre Marmeladen. „Da weiß ich, was ich habe.“ Zudem könne man die Geschmacksintensität selbst bestimmen. Auch zu Grießbrei, Milchreis oder in Crêpes ließen sich die Aufstriche reichen. Darüber hinaus eigneten sich bestimmte Sorten hervorragend zur Verfeinerung von Wildgerichten. Ein Beispiel: Erdbeer-Pfeffer-Marmelade. „Die süße der Frucht in Kombination mit der Würze runden den Geschmack des Fleisches ab“, betont Horstmann.

Außerdem verwende die 48-Jährige ihre selbstgemachte Leckerei gern zum Backen. Ein einfacher Hefeteig, darauf der Fruchtaufstrich und zu guter Letzt Streusel – diese Kombination würde nicht nur gut schmecken, sondern sei auch praktisch. „Durch den klebrigen Aufstrich haften die Streusel besser“, stellt sie heraus. Eingekocht halten sich die Brotaufstriche je nach Rezept mehrere Monate. „So hat man nicht nur selbst frische Marmeladen und Gelees zu Hause, sondern auch kleine Mitbringsel“, sagt die Füchtorferin. Denn als Geschenk eigne sich etwas leckeres Selbstgemachtes immer gut.

Einige Rezepte finden Sie hier im Portal:
Erdbeermarmelade mit weißer Schokolade
Orangen-Holunderblüten-Gelee

Text und Bilder: Jana Hövelmann

Aufs Schaf gekommen

„Lilly, innen!“, ruft Georg Flötotto seiner Hündin zu. Der wachsame Border-Collie reagiert im Nu. Sofort treibt er die Schafherde auf der Weide des Biolandwirts in Verl-Sende in dessen Richtung, so wie es das Kommando verlangt. Schafe sind die Leidenschaft des 55-jährigen Flötotto. 50 Zucht- und Muttertiere leben auf dem Bauernhof seiner Familie in der Nähe des Ölbachs am Rand des Holter Walds. Mehr als dreimal so viele sind es zu Spitzenzeiten im Sommer: Wenn die Lämmer geboren sind, grasen auf den Wiesen in der Umgebung bis zu 180 Schafe.

1974 hat Flötotto zusammen mit seinem Bruder begonnen zu züchten. Damals wohnte er noch in Gütersloh-Avenwedde. Seitdem hat ihn die Faszination für die blökenden Tiere nicht mehr losgelassen. Und auch seine Ehefrau Veronika konnte er dafür begeistern. Zwei Rassen leben heute auf dem gemeinsamen Hof. „Das Schaf ganzheitlich zu verwerten ist die Grundlage unseres Konzepts“, betont Flötotto. Das bedeutet: Die Familie verkauft einen Teil ihrer Erzeugnisse selbst. Dazu zählen unter anderem verschiedenfarbige Felle, die Rohwolle der Tiere und in Handarbeit gefertigte Accessoires wie Armstulpen. Auch Lamm- und Schafsfleisch aus eigener Zucht verkaufen sie auf Anfrage. Die Tiere schlachten die Flötottos zwar nicht selbst. Doch verkauft werden die Produkte in dem Hofladen der Familie. Auch Wurst wie Sülze, Salami und Leberwurst zählen zum Warenangebot.

Eine der Rassen, die auf dem Hof leben, sind die großen Bentheimer Landschafe mit ihren schwarzen Augenringen und dem weißen Fell. Vor weit mehr als 100 Jahren ist die Kreuzung aus deutschen und holländischen Heideschafen entstanden. „Sie sind robust und genügsam und waren in der Region einst stark verbreitet“, sagt Flötotto. Jetzt seien sie nur noch selten zu finden. Vor sechs Jahren fiel die Entscheidung, auch Gotländische Pelzschafe zu züchten. Entdeckt hatte er die Rasse während eines Besuchs in den Niederlanden. Mit ihren Korkenzieher-Locken, dem nuancenreichen, grauen bis schwarzen Fell sowie der feinen, weichen Wolle seien die Tiere etwas Besonderes, sagt Flötotto.

Die Felle der Schafe werden ebenfalls verarbeitet: Der 55-Jährige konserviert die Rohfelle, ein Gerber verarbeitet sie schließlich weiter. Dabei würden verschiedene Methoden Anwendung finden. „90 Prozent unserer Felle werden Mimosa gegerbt“, erklärt er. Der pflanzliche Gerbstoff werde aus Extrakten der Rinde eines Akazienbaums gewonnen. „Dieser färbt das Leder hellbraun, die Wolle beige ein“, sagt der Bio-Landwirt. Die restlichen Felle würden mit der sogenannten Weiß-Gerbung verarbeitet – eine Methode, die auf synthetisch-mineralischen Stoffen beruhe. Das Ergebnis: weißes Leder und ein helles Wollkleid. Auch eine Medizinal-Gerbung sei möglich. Durch die besondere Behandlung der Felle seien sie anschließend waschbar. „Aber mir gefällt die gelbliche Farbe nicht, die bei der Gerbung entsteht. Deshalb bieten wir sie nicht an“, betont er.

Tiere sind keine Fleischschaf-Rassen

„Unsere Tiere sind keine Fleischschaf-Rassen wie es etwa Schwarzkopfschafe oder Texelschafe sind“, betont Flötotto. Im Gegensatz zu den breit gebauten, gut bemuskelten Tieren seien Bentheimer und Gotländer im Gewicht deutlich leichter, dafür aber auch anspruchsloser in der Haltung. Sie ernähren sich vor allem von Gras. Und davon gibt es bei der Familie reichlich. 14 Hektar Weide werden von den Flötottos bewirtschaftet. Neun Hektar davon sind Naturschutzflächen.

Bereits im Frühjahr geht es für den Hobby-Schäfer hoch her: Fünf Monate nachdem die Mutterschafe gedeckt wurden, beginnt Mitte Februar die sogenannte Lammung auf dem Sender Hof. Die Zeit, in der der Nachwuchs auf die Welt kommt, erstreckt sich bis Mai, in Einzelfällen auch bis zum Sommer. „Das ist die stressigste Phase des Jahres“, betont Flötotto. Auch wenn Schafe gute Muttereigenschaften besäßen, müsse er ständig ein Auge auf die trächtigen Tiere haben. „Nur so kann ich im Ernstfall bei der Geburt helfen.“

In der Natur auf der Weide verbringen die Schafe den Großteil des Jahres. Nur hin und wieder zieht es sie in den mit Stroh ausgelegten Stall. Wärme- und kälteempfindlich seien die wolligen Tiere nicht. „Im Gegenteil: Im Sommer legen sie sich trotz Schattenangebot in die pralle Sonne, im Winter schlafen sie im Schnee“, sagt der Biolandwirt. Den Unterstand nutzen sie ausschließlich bei extremem Regen oder Wind. „Nachvollziehen kann ich das auch nicht immer“, erzählt er und lacht.

Gotländische Schafe werden zweimal geschoren

Wenn im Mai die Schurzeit beginnt, werden die Schafe von ihrem dichten Wollkleid befreit. Das sei wichtig für die Wärmeregulation des Körpers, erklärt Flötotto. Zudem könne man so verhindern, dass sich Parasiten im Fell einnisten. Bei den Gotländischen Pelzschafen müssen die Landwirte sogar ein zweites Mal ran. „Ihr Fell wächst zwei Zentimeter im Monat, da wird Ende September noch einmal geschoren“, sagt der Sender. Das sei ursprünglich nicht notwendig gewesen, denn mit dem Fellwechsel stießen die Tiere die Wolle selbst ab. Diese Eigenschaft sei durch die züchterische Bearbeitung allerdings verloren gegangen. „Schließlich war Wolle früher ein wertvolles Gut.“

„Schafe sind Nutztiere“, sagt der Hobby-Schäfer, der in jungen Jahren eine landwirtschaftliche Ausbildung gemacht hat. Einen Teil der Lämmer benötige er, um den eigenen Bestand zu ergänzen. Ein weiterer Teil werde an Züchter aus der gesamten Bundesrepublik verkauft. „Das ist mir am liebsten“, sagt er.

Milchlämmer, also Jungtiere, die mindestens zwei Monate und höchstens acht Monate alt sind, vermarkten die Flötottos nicht. Zwischen zehn und zwölf Monate leben die Tiere im Schnitt auf ihrem Hof. „Zu diesem Zeitpunkt gelten sie auch noch als Lamm. Zum Schaf werden sie mit ihrem Zahnwechsel – der findet mit einem Jahr statt.“ Dann ereilt ein Großteil von ihnen – ebenso wie manch älteres Schaf – ein anderes Schicksal. Sie werden geschlachtet. „Bis dahin hatten die Tiere ein gutes Leben. Das hat für uns oberste Priorität“, sagt er. Die Züchter-Familie ist Mitglied im Bioland-Verband.

Bio-Hof Flötotto
Lehmkuhlstraße 133
33415 Verl-Sende
Telefon: 05246/81513
E-Mail: Rund.ums.Lamm@web.de
Öffnungszeiten: auf Anfrage

Text und Bilder: Jana Hövelmann

Süßes Gebäck aus der Pfanne

Wie von Zauberhand drehen sich die unregelmäßig geformten Krapfen im siedend heißen Fett der Fettpfanne hin und her. Ein himmlisch süßer Duft erfüllt die Luft. In der Backstube von Klaus Böwingloh in Mastholte geht es an diesem Vormittag heiß her. Der Bäckermeister und seine Mitarbeiter backen Krapfen, Berliner und Mutzen. Sie sind die in Westfalen wohl bekanntesten Varianten des sogenannten Fettgebäcks.

„Unter den  Oberbegriff werden all jene Gebäckarten gefasst, die in heißem Fett ausgebacken werden“, erklärt Böwingloh, der die Dorfbäckerei in dritter Generation betreibt. Trotz dieser Gemeinsamkeit sind sie aber doch sehr verschieden – im Geschmack, der Konsistenz und den Möglichkeiten sie aufzupeppen. Unterschiedlichste Teigsorte lassen sich im heißen Fett ausbacken. Die geläufigsten Varianten sind jedoch der Hefeteig, der Mürbeteig und die Brandmasse.

„Besonders beliebt – nicht nur bei Naschkatzen – ist der Berliner“, sagt Böwingloh. Er ist aus dem täglichen Angebot der Traditionsbäckerei in Mastholte nicht wegzudenken. Er schmecke trotzdem zu jeder Jahreszeit. „Sie machen süchtig - vorausgesetzt die Berliner sind frisch“, setzt der Mastholter sogar noch einen drauf. Die  Zubereitung von Berlinern ist aufwendig - allein schon wegen des Hefeteigs, der zwei Mal ruhen muss, damit er ordentlich aufgeht. Luftig leicht und locker lautet der Anspruch, den die Kunden an das mit Zucker oder Glasur ummantelte Gebäck haben.

Die Geschichte des Fettgebäcks geht etliche Jahre zurück, weiß Bäcker- und Konditormeister Peter Vorbohle. Seit mehr als tausend Jahren existieren schriftliche Aufzeichnungen über Fettgebäck. Bereits im Mittelalter waren unterschiedlichste Varianten der Krapfen in Europa bekannt, berichtet der 71-Jährige Wiedenbrücker. Einige Rezepte wurden bis heute überliefert. Ob diese jedoch genauso gut ankommen würden wie ihre überarbeitete Version, sei fraglich.

Die Geschmäcker der Kunden haben sich mit der Zeit geändert. Während die süße Kalorienbombe kurz nach dem Zweiten Weltkrieg möglichst schwer und fettig sein sollte, beißen die Kunden heute lieber in eine leichte Variante des Gebäcks, berichtet Vorbohle aus seiner Erfahrung. Er betreibt die Wiedenbrücker Traditionsbäckerei in sechster Generation. Seine Vorfahren reagierten auf die sich ändernden Ansprüche mit der Abwandlung bestehender Rezepturen – und er machte es ihnen nach. Statt herkömmlicher Krapfen bietet Vorbohle zum Beispiel Quarkinis an, deren Brandteig er mit Quark verfeinert.

Einige Gebäckarten, die der Wiedenbrücker aus seiner Kindheit kennt, sind sogar komplett aus dem Sortiment der Handwerksbetriebe verschwunden – zum Beispiel Kameruner und Rosenküchlein. Andere Gebäcksorten sind dazu gekommen. „Seit einigen Jahren liegen Donuts im Trend“, sagt Vorbohle. Herüber geschwappt sei der runde Hefeteig mit Loch in der Mitte und quietsch-bunter Verzierung aus den USA – zumindest glauben das viele. Eigentlich stamme das Rezept aus Europa. Überlieferung besagen, dass der Teig für die Donuts von deutschen oder dänischen Einwanderern in die USA gebracht wurde. In den 1980er-Jahren hielt der nun als Donut bezeichnete Kringel mit bekannter Rezeptur Einzug in heimische Backstuben.

Den Mythos, dass all jene Gebäcksortenvor Fett triefen, dementiert Böwingloh vehement.  Das Geheimnis, ein solches Malheur zu verhindern, liege unter anderem in der Ausback-Temperatur des Teigs.  „Das Fett darf nicht zu heiß, aber auch nicht zu kalt sein“, verrät der Mastholter. Bei zu starker Hitze werde der Gebäck unheimlich schnell braun von außen, gehe nicht auf und bleibe innen teigig. Ist das Fett jedoch zu kalt, sauge sich der Teig damit voll. Optimal seien Temperaturen zwischen 170 bis 190 Grad, empfiehlt er. Ist der Teig dann noch ordentlich ausgeknetet, könne nichts mehr schief gehen.

Text und Fotos: Anja Frielinghaus

Vision in Flaschen: Äpfel mit feinem Bukett

Herzhaft beißt Georg Hartmann-Niemerg in einen rot glänzenden Apfel. Sekundenlang herrscht Stille. Nur das leise Rauschen der sich im Wind wiegenden Blätter ist zu hören. „Ein bisschen braucht er noch“, sagt der 51-Jährige schließlich und geht wortlos zum nächsten Baum. Dem Füchtorfer genügt ein Biss, um zu entscheiden, ob die Äpfel in seiner Streuobstwiese reif sind. Seit nunmehr sieben Jahren stellt er aus der Westfälischen Traube — so nennt der Winzer seine Äpfel liebevoll — ein edles Tröpfchen her: den Rippelbäumer Vision No. 1 in den Sorten brut, trocken, halbtrocken und lieblich.

Für sein weinähnliches Getränk, laut EU-Verordnung wird Wein ausschließlich aus Trauben gewonnen, hat er nach eigener Aussage schon mehrfach Lob bekommen – auch von geschätzten Weinkennern. Entsprechend stolz ist der Winzer auf seinen „Appeldessertwein“. „Die Kunst ist es, dass man den Apfel nicht zu sehr herausschmeckt“, verrät Hartmann-Niemerg. Am liebsten verwende er alte Apfelsorten wie den Boskop, den Westfälischen Gülderling oder die Dülmener Rose.

Ende August startet die Apfelweinsaison. Bis der Winzer den edlen Tropfen in Flaschen abfüllen kann,  ziehen allerdings fünf lange Monate übers Land. Solange dauert der Gärprozess. Wer sich die Wartezeit versüßen möchte, kann sich schon vor Ablauf der fünf Monate etwas vom Apfelwein abzapfen und davon kosten. Und zwar den Federweißen. „Unter Federweißem versteht man angegorenen Most“, erläutert Georg Hartmann-Niemerg.

Obwohl sich der Winzer dem Apfelwein verschrieben hat, kommen ab und zu auch Trauben in seine Fässer. Die weißen und roten Beeren bekommt er von Leonhard Sieweke aus Marienfeld, der im Garten des Marienfelder Klosters Jahr für Jahr unterschiedliche Rebsorten erntet.

Egal ob aus Apfel oder Traube hergestellt, die Auswahl an edlen Tropfen ist groß. Da einen Überblick zu behalten, ist schwierig, wissen Frauke und Christian Reckord. Das Ehepaar betreibt in Rheda-Wiedenbrück das Geschäft „Wein im Fachwerk“. In ihren Regalen lagern mehr als 500 verschiedene Weinsorten – aus Deutschland und dem europäischen Ausland.

Kontakt:
Hof Niemerg, Rippelbaum 32, 48336 Sassenberg-Füchtorf
Telefon: 0162/4600822 (Montag bis Freitag von 13 bis 18 Uhr und Samstag von 9 bis 13 Uhr)
E-Mail: nie-har@t-online.de

Klosterladen Marienfeld
Klosterhof 12, 33428 Harsewinkel
Telefon: 05247/983026
Internet: www.klosterladen-marienfeld.de

Wein im Fachwerk
Lange Straße 91, 33378 Rheda-Wiedenbrück
Telefon: 05245/9221842
Internet: www.lieblingsweinladen.de
E-Mail: info@lieblingsweinladen.de

Zwischen Himmel und Erde

Ob Himmel und Erde oder Reibeplätzchen mit Apfelmus – hierzulande kommen die westfälischen Gerichte zumeist frisch zubereitet auf den Tisch. Bis die unverzichtbaren Zutaten aus Himmel und Erde jedoch in der Küche ankommen, liegt ein weiter Weg hinter ihnen. 

Mehrere Monate sind die Kartoffeln, die Bio-Landwirt Ludger Strotdrees aus Harsewinkel an diesem Nachmittag erntet, in einem angehäuften Damm auf dem Acker gewachsen. Bei der Ernte der Frühsorten muss nun Vorsicht walten, denn: „Sie liegen zu weich in der Schale, um sie mit dem Vollroder zu ernten“, erklärt seine Frau Stephanie. Deshalb ist momentan noch Handarbeit angesagt. 

Landwirt Martin Kuhre aus Herzebrock-Clarholz hat für die frühe Sorte im März vorgekeimte Setzlinge gepflanzt. Die späteren Sorten sind Anfang April als Knolle in den Boden gekommen. Besonders wichtig sei, dass es nach dem Pflanzen keine Nachtfröste mehr gebe. Dann könne auch im heimischen Garten mit der Saat begonnen werden, erklärt der Landwirt. 

Im Anschluss muss auf vieles geachtet werden: Die Pflanzen müssen mit ausreichend Wasser versorgt sein, dürfen aber auch nicht zu viel gegossen werden. Geerntet wird schließlich, wenn das überirdische Grün abgestorben ist – und auch das nur bei bestimmten Bedingungen. So sollte es nicht zu kalt, aber auch nicht zu warm sein. Außerdem ist ein trockener Boden wichtig, damit möglichst wenig Erde an den Knollen haften bleibt.

Die Apfelernte läuft meist zeitgleich mit der Kartoffelernte ab. Obstbäuerin Margit Paschen, die den Apfelhof Floreana in Wadersloh bewirtschaftet, steht zwischen den Plantagenbäumen, wenn sich die Bäckchen der Früchte rot gefärbt haben. Aber auch der Kipp-Test Auskunft gibt Auskunft über den Reifegrad. Dabei wird der am Baum hängende Apfel mit einer Hand von unten umfasst und ohne viel Kraft aufzuwenden nach oben weggedreht. Löst er sich leicht vom Ast, kann mit dem Pflücken – das im Übrigen mit derselben Technik durchgeführt werden soll – begonnen werden. 

Das Fallobst kommt an diesem Vormittag in einen Eimer, der vorne an dem selbst gebauten Pflückschlitten hängt. Für den Verkauf ist es aufgrund von kleinen Schäden nicht geeignet, deshalb wird es zu Apfelmus verarbeitet. Die Sorten, die im Herbst geerntet werden, eignen sich zum Einlagern. Deshalb kommen die trockenen Früchte in den Holzkisten bei 2 Grad Celsius in das Kühlhaus. 

Ebenso wie beim Kartoffelanbau ist auch der Erfolg der Apfelernte stark vom Wetter abhängig. Der späte Frost in diesem Jahr habe ihre Ernte gefährdet, sagt Paschen. Doch es ist noch einmal alles gut gegangen, an den Bäumen wachsen viele kräftige Äpfel.

Text: Kirstin Oelgemöller

Staubtrocken ist er richtig

Morgens zu einer Zeit, in der die meisten Menschen noch tief schlummern oder sich gerade im Bett umdrehen, herrscht in der Ahlener Backstube Haake Hochbetrieb. Im Radio singen Bruno Mars und Phil Collins ihre Hits, während Meister Michael Haake das nächste Blech Brötchen in den Ofen schiebt. Es ist warm, sehr warm sogar. 

„Ach, das ist alles Gewöhnungssache“, sagt Ralf Koch. Seit 28 Jahren arbeitet der Bäcker aus Leidenschaft für Haake. Der Ahlener steht ein wenig abseits vom Trubel und knetet mit den Handballen Teig. „Heute machen wir Zwieback.“ Koch legt die Knetmasse auf die Waage, formt sie zu Kugeln und rollt den Teig aus. Wieder und wieder. „Der Zwieback gehört einfach zum Fachgeschäft dazu“, erklärt Haake. Einmal im Monat produzieren die Bäcker den traditionellen Dauerbrenner. Erst recht im Sommer, denn Sommerzeit ist Zwiebackzeit.

Warum, das kann Haake gar nicht so genau sagen. „Warum trinkt man im Winter Glühwein?“, fragt der Bäcker. Was so ist, das ist so. „Man denkt zuerst an kleine Kinder, die das Gebäck in den Tee tunken und essen“, ergänzt Haake. Bilder, die sich eingebrannt und nie verändert haben. „Man kann Zwieback auch gut mit Milch und Erdbeeren essen. Oder Bananen. Das ist sehr lecker“, rät der Bäckermeister.

Kein Wunder, dass Haake seinen Kunden den Zwieback nicht vorenthalten möchte, auch wenn die Konkurrenz der Großunternehmer übermächtig sei. „Die Preise der Riesen sind unschlagbar. Aber für uns gehört das Angebot zum Service dazu“ erklärt er. „Wir machen Zwieback nicht, um damit reich zu werden.“ 

Während der Chef über das Geschäft spricht, geht Koch zum nächsten Schritt über. „Der Teig kommt jetzt in den Gärschrank“, sagt der Bäcker. Die Masse besteht aus Dinkelmehl, Backmittel, Fett, Hefe, Wasser, Salz, Flüssigei und Sandzucker. „Wichtig ist, dass der Teig schön geschmeidig ist. Er darf nicht zu hart sein, sonst entwickelt er sich nicht richtig“, betont Koch. Der Unterschied zum normalen Brot sei das Dinkelmehl.

Früher habe man normales Weizen genommen, erklärt der Angestellte. Nach dem das Brot geruht hat, kommt es zunächst für 30 Minuten in den Ofen und wird so zum Einback. Danach kühlt und trocknet es einen Tag. „Man kann dieses Brot genauso schlecht wie ein normales schneiden, wenn es noch warm ist“, meint der 62-Jährige, „deshalb braucht man etwas Geduld, damit es eine gute Schnittfestigkeit erlangt“. Am nächsten Morgen wagt Haake den ersten Versuch und schneidet das Brot an. „Das sieht doch gut aus“, ist der Bäckermeister mit dem Ergebnis zufrieden. Damit der Zwieback auch zum Zwieback wird, schiebt Haake ihn nun ein zweites Mal für halbe Stunde in den Ofen. Danach ist er fertig. Und sehr lange haltbar. „Der Zwieback ist schön trocken“, sagt Haake. „Kein Wunder, dass die Leute ihn immer in ein Getränk tunken.“

Schon die alten Römer und Griechen hatten es so gemacht. Das zweifach gebackene Brot hat sich vor allem auf langen Reisen bewährt und wurde als Feld-, Schiffs-, oder Militärzwieback verwendet. Erst später diente das Gebäck auch als Mahlzeit im Haushalt. „Das ist gut. Man braucht nicht in der Küche stehen und kochen“, sagt Haake, der seinen Zwieback traditionell oder mit einer Zuckerglasur verkauft.

Noch bis zum 31. August backt Haake sein Gebäck an der Beckumer Straße. Danach geht die 70-jährige Haake-Ära zu Ende.

Text und Bilder: Benedikt Miketta

Schnelles Rösten ist Prütt

Nichole Kirschner und Rade Jovanovski trinken nicht nur oft und gerne Kaffee, sie rösten ihn auch selbst, bereiten ihn zu und servieren ihn ihren Kunden – für beide ist das nicht nur ein Beruf, sondern eine Leidenschaft. Kirschner betreibt die Kaffeerösterei „Neue Zeiten“ in Rheda-Wiedenbrück, Jovanovski die „roestkultur“ in Beckum. Mit ausgewählten Sorten, selbst zusammengestellten Mischungen und einem schonenden Trommelröstverfahren wollen sie sich von den großen Ketten des Landes absetzen. Was für sie zählt ist die Qualität, der Geschmack und letztendlich der Genuss.

Verwendet werden ausschließlich hochwertige Bohnen, also solche, die eine ähnliche Form und wenige bis gar keine Bruchstücke haben. Um den Kaffee bekömmlich zu machen, rösten die Experten die Bohnen langsamer und bei geringerer Temperatur als es in der  Industrie üblich ist. Im Rohzustand rieche die Bohne ähnlich wie Gras oder Heu, findet Jovanovski, beim Rösten breite sich dann der Geruch der verbrannten Öle im Raum aus. Erst bei der Zubereitung selbst steige dann der typische und beliebte Kaffeeduft in die Nase.

Wer handgeröstetem Kaffee gerecht werden will, der solle sich auch Zeit zum Genießen nehmen, findet Kirschner. „Ich verkaufe nicht nur Kaffee. Ich verkaufe Auszeiten“, betont sie. Sie selbst finde diesen „Hmmm-Moment“, diesen Moment der Ruhe und des Genusses meist nachmittags bei einer Tasse Cappuccino. Damit diesen Moment auch seine Kunden erleben können, ist es Jovanovski ein Anliegen, seine Spezialitäten in einer entspannten Wohlfühlatmosphäre zu servieren: Sein Kaffehaus soll zum Verweilen einladen, zum Entspannen und zu anregenden Gesprächen.

Die eine richtige Zubereitungsmethode gibt es für die beiden Experten nicht. Grundsätzlich habe jede ihre Daseinsberechtigung. Kirschner benutzt gerne die Siebträgermaschine, greift aber auch auf die Stempel- und Chemexkanne zurück. Auch Jovanovski ist zurzeit großer Liebhaber des Handaufgussverfahrens. „Ich habe festgestellt, dass er mir so am aromatischsten schmeckt.“

www.kaffeeroesterei-roestkultur.de

www.neuezeiten-wd.de

Text: Pia Engelbrecht, Fotos: Hubert Kemper

Von Dauerbrennern und echter Handarbeit

„Überall in Deutschland befinden sich Orte, an denen in geheimnisvollen Herstellungsprozessen wunderbare Kleinode der traditionellen Handwerkskunst entstehen.“ Die Kerzenmanufaktur der Freckenhorster Werkstätten an der Kruppstraße in Ahlen ist ein solcher Ort. Das Zitat aus einem Reiseführer über die 300 „schönsten Manufakturen Deutschlands“, das sich auf der Internetseite der Einrichtung wiederfindet, bestätigt sich. Von hier aus gehen die edlen Naturprodukte - ob Teelicht, Christbaumkerze oder meterhohe Altarkerze aus Bienenwachs - nach feinster Handarbeit in die Welt. 

Lange Brenndauer, romantisches Licht und ein angenehmer Duft zeichnen die Kunstwerke der Kerzenmanufaktur der Freckenhorster Werkstätten aus.

Der Verkauf der handgekneteten Bienenwachskerzen hat knapp drei Monate vor Weihnachten Hochkonjunktur. „September, Oktober, November und Dezember sind natürlich unsere Hauptabsatzmonate“, sagt der Leiter der Kerzen-Manufaktur, Markus Holtmann. Aber begonnen hat die Produktion schon wesentlich früher - da ist das neue Jahr erst wenige Tage alt und die Christbäume schmücken noch die Wohnungen: „Bei uns beginnt die Produktion für die folgende Weihnachtssaison am 5. Januar.“ 

Beliefert werden Holtmann zufolge rund 850 Kunden in ganz Deutschland, in Österreich und der Schweiz. Angeboten werden die Bienenwachskerzen vornehmlich in inhabergeführten Geschäften, in Teeläden und Kerzenfachgeschäften, in Klosterläden und Werkstätten. In Zeiten der industriellen Massenproduktion sind die Lichtquellen aus Ahlen nach wie vor ein Ausdruck traditioneller Handwerkskunst. 

Bienenwachskerzen sind immer noch etwas Besonderes - nicht nur wegen ihres auffälligen aromatischen Duftes und stimmungsvollen Lichts oder wegen ihrer langen Brenndauer, sondern auch infolge der Herstellungsart: „Handgefertigt ist jede Kerze ein Unikat“, betont der Manufaktur-Leiter. „Erlesenes Material, manuelle Bearbeitung und die einzigartige Maserung machen jedes unserer Produkte zu einem hochwertigen Einzelstück. Eine Bienenwachskerze gönnt man sich.“

Weltweit beherrschen nur wenige Unternehmen diese Art der Veredelung: „In Europa sind es vielleicht vier bis fünf Firmen, die in größerem Stil produzieren. Eine handgeknetete Bienenwachskerzenproduktion beherrschen aber nur zwei oder drei, in Deutschland vielleicht sogar nur noch eine Firma“, schätzt Holtmann. „Viel Konkurrenz haben wir nicht.“ Wachs aus aller Herren Länder wird zu wahren Kunstwerken komponiert. 

In einem kleinen Raum, der an die Produktionshalle grenzt, befindet sich noch ein weiteres Herzstück der Manufaktur: Zwei Mitarbeiter sind damit beschäftigt, Ornamente auf Kerzen zu bringen. Embleme, Namen, Zahlen verzieren in Gold und Silber die Lichtquellen. Längst haben sich die Werkstätten auch einen Namen mit der Herstellung der Ornamentkerzen gemacht. Kunden wissen das individuelle Design - ob zur Taufe, Kommunion, Hochzeit, zum Geburtstag oder anlässlich eines Todesfalls - zu schätzen. Auch hier zählt Handwerkskunst: Alle Ornamente werden per Hand aufgebracht und bemalt.

Die Kerzen-Manufaktur ist eine Abteilung der Freckenhorster Werkstätten, einer anerkannten Werkstatt für Behinderungen in Trägerschaft des Caritasverbandes im Kreisdekanat Warendorf. Bei den Freckenhorster Werkstätten (seit 1974) arbeiten heute insgesamt mehr als 1400 Menschen mit Behinderungen an zehn Standorten, in zwei Läden und einem Werksverkauf.

Verkaufsstellen:
Olfe-Lädchen, Werksverkauf Ahlen, Kruppstraße 22, Ahlen;
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag: 10 bis 15.30 Uhr; Freitag 10 bis 14 Uhr.

Der Laden Freckenhorst, Industriestraße 7, Freckenhorst;
Öffnungszeiten: Montag - Ruhetag; Dienstag bis Freitag 9 bis 12.30 Uhr sowie 14 bis 18 Uhr; Samstag 9 bis 12.30 Uhr.

Der Laden - Hof Lohmann, Gronhorst 10, Freckenhorst;

Öffnungszeiten: Montag 8 bis 16 Uhr (Klingelservice); Dienstag bis Freitag 8 bis 14 Uhr (Klingelservice) sowie 14 bis 18 Uhr; Samstag 10 bis 17 Uhr.

Text: Anja Tenbrock, Fotos: Hubert Kemper

Kleine Zwetschge ganz groß

Stromberg ohne Pflaumenbäume – nein, das wäre nicht denkbar für die Anwohner des Burgdorfs, das südöstlich von Oelde liegt. Seit jeher gehört das „goldene Blau“, so nennen die Erzeuger ihr Naturprodukt liebevoll, genauso zur Silhouette Strombergs wie der Burgberg mit Paulusturm und Heilig-Kreuz-Kirche. Begibt man sich im 4500-Seelen-Dorf auf Spurensuche, findet man überall Zeugnisse, die auf das Obst hindeuten. Ob als einzelner Baum in Streuobstwiesen oder als ordentlich in Reih und Glied angelegte Plantage, übersehen kann man die hochstämmigen Gewächse nicht. Auf dem Marktplatz im Herzen von Stromberg verschönert sogar die Plastik einer Pflaume das Dorfbild, als Ausdruck der Verbundenheit der Bürger zu ihrem heimischen Produkt. Einmal jährlich am zweiten Wochenende im September widmen sie der Frucht ein eigenes Fest – den Stromberger Pflaumenmarkt. Alle zwei Jahre wird dort die Pflaumenkönigin gewählt.

Seit 2013 ist die „Stromberger Pflaume” durch die EU als „geschützte Ursprungsbezeichnung” eingetragen. Dadurch soll die Einzigartigkeit des regionalen Produkts gesichert, gefördert und vor missbräuchlicher Verwendung bewahrt werden. „Für uns als Erzeuger bedeutet das, dass wir nachweisen müssen, dass alle Erzeugungsschritte innerhalb der Ortsgrenze zuzüglich einer umlaufenden Zone von 500 Metern Breite geschieht“, erklärt Gerhard Stemich, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Stromberger Pflaume. Angefangen beim Pflanzen der Setzlinge, über das Wachstum mit Erziehungsschritten, die Ernte, das Sortieren bis zum Abfüllen, darf das blaue Steinobst das Burgdorf nicht verlassen.

Nimmt man es ganz genau, dann will der Name „Stromberger Pflaume” allerdings nicht so recht passen. Denn eigentlich handelt es sich bei dem beliebten Steinobst um eine Zwetschge. Gerhard Stemich sieht das gelassen. Für Laien sei der kleine aber feine Unterschied erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die Zwetschge eine Unterkategorie der Pflaume ist. „Am  deutlichsten erkennt man die Zwetschge an ihrer sichtbaren Naht, die hat eine Pflaume nicht“, verrät der 53-Jährige. Zudem sei sie ovaler geformt als verwandte Sorten.

Ganz frisch vom Baum gepflückt ist die Stromberger Pflaume ein Gedicht, ebenso macht sie sich aufgrund ihres niedrigen Wasseranteils, des milden Aromas und des ausgewogenen Süße-Säure-Verhältnisses in allerlei Speisen gut. So eignet sich nicht nur zum Backen, sondern auch zum Kochen, Einmachen oder Brennen. Die weit über Strombergs Grenzen hinaus bekannte Zwetschge ist eben ein echtes Multitalent. Einige Rezepte finden Sie hier im Portal.

Sich auf die Spuren der Stromberger Pflaume begeben: Das können Interessierte können sich auf einem dem regionalen Produkt gewidmeten Wanderweg – dem Pflaumenwanderweg in Stromberg. Auf dem  knapp 11 Kilometer langen Strecke, der einmal rund um Stromberg führt,  können Spaziergänger nicht nur die Natur und den einzigartigen Ausblick von den Hängen hinab ins Tal genießen, sondern auch einiges über das Markenzeichen des Burgdorfs erfahren. An neun Stationen halten Tafeln Informationen über die Geschichte, den Anbau, die Ernte und die Weiterverarbeitung der Stromberger Pflaume bereit. 

Text und Bilder: Anja Frielinghaus

Einen Plan des Wanderwegs finden Sie hier:

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Gegen alles ist ein Kraut gewachsen

Wenn es zwickt und zwackt, sich leichte Kopfschmerzen oder ein Husten anbahnen, dann möchte manch einer nicht sofort zu Medikamenten greifen, sondern sucht eine Alternative in der Natur. Viele Pflanzen und Kräuter haben tatsächlich heilende Kräfte und stehen industriellen Medikamenten teilweise in nichts nach. Im Apothekergarten in Gütersloh gibt es mehr als 150 verschiedene Pflanzen, die medizinisch verwendet werden. Sortiert nach Krankheitsbildern informieren Tafeln über die Wirkung der Kräuter und wie sie verwendet werden.

Claudia Scherrer ist Apothekerin und Vorsitzende des Fördervereins. Ebenso wie einige andere Mitglieder des Vereins macht sie Führungen durch den Garten und erklärt den Besuchern die Heilpflanzen. Für hierzulande fasst sie einige wichtige Fakten zu der Anlage im Botanischen Garten zusammen.

Text und Video: Anika Reckeweg

Aufgeweckte entdecken Einwecken

Neuer Trend oder veraltete Kochkunst? Wo sich bis vor einigen Jahrzehnten auf den Kellerregalen noch Gläser mit Apfelkompott, eingelegten Gurken oder Marmelade türmten, herrscht heute meist gähnende Leere. Es scheint, als wäre das Konservieren von Obst und Gemüse im Einweckglas mit den Jahren in Vergessenheit geraten. Asgard Knehans-Gläser aus Versmold ist sich jedoch sicher, dass das Einmachen, nun seinen zweiten Frühling erlebt.

Während zu Großmutters Zeiten noch schlicht das Konservieren saisonaler Lebensmitteln vorrangiges Ziel war, ist heute der Anspruch einer gesunden Ernährung Grund für die Rückkehr des Einkochtopfs in die Haushalte. „Bei Selbstgemachtem weiß man eben ganz genau, was drin ist“, erklärt die 50-Jährige, die regelmäßig Kochkurse in  Volkshochschulen gibt. 

Mit flinken Bewegungen viertelt Asgard Knehans-Gläser Strauchtomaten für eine herzhaft mediterrane Beilage im Glas: würzige Tomaten. Anschließend hackt sie zwei Knoblauchzehen in winzige Stücke und füllt beides auf ein hohes Backblech. Für das gewünschte Aroma fehlen jetzt noch ein Zweig Rosmarin, eine halbe, getrocknete Chilischote, Olivenöl und Balsamico-Essig.

„Einkochen kann man eigentlich alles“, sagt die Versmolderin. Die selbstgemachte Marmelade ist längst nicht mehr das einzige Rezept, an das sich auch unerfahrene Hobbyköche herantrauen können. „Das A und O beim Einkochen ist es, frische Zutaten zu verwenden.“

Während die Tomaten bereits im Backofen garen und sich ihr herrlicher Duft in der Küche ausbreitet, macht sich die gelernte Diplom-Kauffrau daran, die Vorbereitungen für ihre fruchtigscharfe Birnen-Senf-Salsa zu treffen. Sie würfelt die Früchte und eine Gewürzzwiebel, reibt den Ingwer und presst eine Zitrone aus. Zusammen mit Essig und Zucker gibt sie alles in einen großen Topf.

Befolge man einige wenige Regeln, kann nichts schiefgehen, ermutigt Asgard Knehans-Gläser auch unerfahrene Köche, sich an das Einmachen heranzuwagen. Generell gilt, dass Lebensmittel in Weckgläsern länger haltbar sind als in Gefäßen mit
Schraubverschluss. Für beide Möglichkeiten ist die Verwendung von einwandfreien, absolut sauberen Gläsern und Deckeln ein Muss. Mit dem richtigen Befüllen und Verschließen steht und fällt das Ergebnis. Nur wenn die Ränder der Gläser sauber
sind, kann das Eingekochte luftdicht verschlossen werden. 

Ob man das Einkochgut mit Schraubverschlussdeckel oder traditionell im Weckglas mit Gummiring verschließt, bleibe jedem selbst überlassen, sagt Asgard Knehans-Gläser. Bei der ersten Variante füllt sie die kochend heiße Salsa bis kurz unter
den Rand in das Glas und schraubt es unverzüglich zu. Danach dreht sie die Gläschen um. Etwa fünf Minuten muss die Birnen-Senf-Salsa auf dem Kopf stehen bleiben. „Kühlt der Inhalt im Glas ab, zieht sich die Luft zusammen und dadurch verschließt sich das Glas“, erklärt die Wirtschaftsingenieurin.

Die würzigen Tomaten kocht sie hingegen auf traditionelle Weise mit dem Einkochtopf ein. „Bevor ich die Gläser verschließe, feuchte ich die Gummiringe an. Dann saugen sie sich besser fest“, erklärt die 50-Jährige. Im Gegensatz zu den Gläsern müssen die Gummiringe immer unbenutzt sein, fügt sie noch hinzu. Mit einem prüfenden Blick kontrolliert sie, ob der Gummiring glatt zwischen Rand und Deckel liegt, bevor sie die Federklammern befestigt. „Für große Gläser nehme ich meistens drei, für kleine Gläser reichen zwei Klammern aus“, sagt sie. Das silbern glänzende Hilfsmittel dient dazu, Glas, Deckel und Ring zu fixieren. Anschließend stellt sie die Gläser in den Einkochtopf und füllt ihn bis kurz unter den Rand des am höchsten stehenden Glases mit Wasser und verschließt den Deckel. Zehn Minuten müssen die Gläser bei einer Temperatur von 90° C in dem Wecktopf bleiben.

Text: Anja Frielinghaus, Bilder: Hubert Kemper

Holz ist immer eine Bank

Handgefertigte Bänke, detailgetreue Kleinteile oder liebevoll gefertigte Geschenke – Theo Linnenbrink aus Wadersloh findet für fast jedes Stück Holz eine Möglichkeit, es zu verwerten. Der 78-jährige ehemalige Kraftfahrer hat sich das Schreinern selbst beigebracht.

Seit 15 Jahren baut der ehemalige Kraftfahrer Bänke, Tische und Dekoration aus Holz. „Oft baue ich eine Bank zu Geburtstagen in der Nachbarschaft”, sagt Linnenbrink. „Manchmal kommt auch jemand und sagt, in seinem Wald liege eine trockene Eiche, ob ich daraus nicht eine Bank machen könnte.” Aus einem großen Stamm kann Theo Linnenbrink zwei oder drei der beliebten Sitzgelegenheiten bauen. Zwei Meter ist jede Bank breit und ungefähr 45 Zentimeter hoch. Die Beine bestehen aus zwei aufeinander geschraubten Stämmen, die Linnenbrink mit den Maschinen passend zurechthobelt, -drechselt und -schleift.

Linnenbrinks Bänke finden sich jedoch nicht nur in privaten Höfen. „Zwei stehen schon auf dem Friedhof und zwei haben wir am alten Wohnheim stehen”, erklärt der Hobby-Schreiner. „Ich mache auch Kleinteile für den Basar.” Der Erlös werde für einen guten Zweck gespendet. So zum Beispiel an die Bethel-Stiftung oder für Schulkinder in Bolivien. „Davon können dann  Schulhefte gekauft werden.”

Zwischen Blumen, Tannenbäumen, ausgestanzten Holzscheiben und Sternen steht eines seiner Lieblingsstücke: eine Krippe.

„Ich muss bei jedem Stück Holz schauen, ob ich daraus was machen kann, zur Not mache ich Schiebeleisten daraus.” Linnenbrink wartet einen Moment, bevor er in schallendes Gelächter ausbricht. „Diese Leisten schiebe ich dann in unseren Holz-Ofen”, erklärt er. „So findet jedes Stück seine passende Verwendung. Es macht warm.”

Text und Bilder: Anika Reckeweg, Video: Julia Frings