Ein Stück heile (Café-)Welt

Wanderer, kommst du nach Drensteinfurt, dann kehre bei Paula May ein. Die süßeste Versuchung seit ...

„Guoden dag all bineene!“ Der fröhliche Spruch auf dem Holzschild am Eingang des Hofcafés May in Drensteinfurt wirkt einladend. Dieses „alle miteinander“ ist Café-Chefin Paula May wichtig. Sie mag das Gemeinsame. Ihre Familie, mit der sie zusammen auf dem landwirtschaftlichen Hof lebt und arbeitet, nennt sie augenzwinkernd auch den Clan. Sie erzählt am Kamin stehend, an dem sie selbst am liebsten sitzt, von der familiären Atmosphäre, die hier im Laufe der Jahre entstanden ist und die sie bewahren will.

„Es soll nicht zu voll werden“, sagt sie und hofft auf Verständnis. Zu viele Gäste auf einmal, Hektik, Gedränge, Servicekräfte, die in Stress geraten – all das ist nicht ihr Ding. Man merkt ihr an, dass sie da bei aller Freundlichkeit auch nicht mit sich diskutieren lässt.

Der Landwirtschaftsbetrieb May ist sechs Kilometer südlich des Wersestädtchens Drensteinfurt zwischen Mersch und der Bauerschaft Ameke gelegen. „Hier hat schon immer ein Bauernhof gestanden“, erzählt Paula May. Seit 500 Jahren ist er in Händen der Familie und seit 2011 in denen ihres jüngsten Sohnes Carl-Hendrik, der Agraringenieur ist. Ihre Töchter interessierten sich nicht für den Betrieb, während er ein Faible für die Landwirtschaft habe. Nachwuchs für einen Fortbestand des Betriebes in kommender Generation ist bereits vorhanden.

Paula May ist als Chefin des Bauerncafés, das mit rustikalem Charme und einem Hauch Eleganz eingerichtet ist, unter anderem fürs Backen zuständig, für Brot, Brötchen, Kuchen und Plätzchen. Sonntagmorgens ab 9.30 Uhr bereitet sie denen, die sich vorab angemeldet haben, ein Frühstück oder besser gesagt einen Brunch zu. In der Zeit von etwa 13 Uhr bis 17 Uhr können Gäste für Kaffee und Kuchen auf ihrem Spaziergang oder ihrer Radtour einkehren, wann immer sie möchten. Lässt das Wetter es zu, wird auch draußen serviert, Holztische und Korbmöbel stehen am Haus.

„Viele Gäste kommen regelmäßig“, erzählt Paula May, die mit ihrem Selbstgebackenem auch auf zwei Wochenmärkten steht – freitags in Sendenhorst und samstags in Ahlen. Deshalb wechselt ihr Angebot an Kuchen auch oft, es sollen nicht so oft die gleichen in der gläsernen Theke stehen, findet sie. Für jeden Sonntag fabriziert sie – je nach Jahreszeit – drei bis vier Köstlichkeiten: Friesentorte mit Pflaumenmus, Erdbeertorte oder im Winter Waffeln mit viel Zimt.

Selbst gemachtes Brot, Brötchen und Torten kommen auf die Tische des Hofcafés, auch Marmeladen aus der eigenen Produktion – Kreationen wie Erdbeere mit grünem Pfeffer, Pflaume-Schoko, Brat­apfel-Zimt, Orangen-Marmelade. Das alles wird auch im Hofladen verkauft, den Schwiegertochter Simona May unter ihre Fittiche genommen hat. Paula May hat ihn lange geführt, wollte nach dem Tod ihres Mannes aber kürzertreten und übergab das Geschäft 2020 an die junge Frau, die ebenfalls Agraringenieurin ist.

Ein Großteil der im Hofcafé verwendeten Waren sind aus eigener Produktion, selbstverständlich auch die Eier der Freilandhennen aus dem Mobilstall. Dazu kommen Fleisch- und Wurstwaren, denn der Familienbetrieb hat ganz auf Stroh-Schweine (nach den Auflagen der Initiative „Tierwohl“) und Geflügel umgestellt.

Hofcafé May
Ameke 71, 48317 Drensteinfurt
Telefon: 02387/432
E-Mail: info@hofmay.de
Internet: www.hofcafé-may.de

Öffnungszeiten: Das Hofcafé May serviert (nach Anmeldung) sonntags ab 9.30 Uhr einen Brunch und jeden Sonntagnachmittag (ohne Anmeldung) ab 13 Uhr Kaffee, Kuchen und deftige Schnittchen. Hofladen und Hofmetzgerei sind donnerstags von 13 bis 17 Uhr, freitags von 10 bis 17 Uhr, samstags von 8 bis 12 Uhr und sonntags von 14 bis 16 Uhr geöffnet sowie auf Anfrage. Wochenmarkt: Sendenhorst (freitags) und Ahlen (samstags).

Text: Andrea Kutzendörfer, Fotos: Noah Wedel, Hof May


Am Tresen beginnt die Zeitreise

Theodoros Sargiannidis zeigt das Innenleben der Kult-Gaststätte. In der „Alten Heuwaage“ in Gütersloh wird seit 182 Jahren eingeschenkt.

Beim Eintritt in die „Alte Heuwaage“ steigt dem Gast leicht der Geruch von altem Holz in die Nase. Er findet in dem alten Fachwerkhaus eine angenehme Zimmertemperatur vor. Links vom Eingang liegt ein Raum, der Wohnzimmer genannt wird, in dem zwei große Tische für größere Gruppen zur Verfügung stehen. Geradeaus führt der Weg zu den Toiletten, auf selber Höhe im hinteren Bereich laden Stehtische und eine Dartscheibe zum Verweilen ein. Und rechts befindet sich das Herzstück der Gaststätte: der Thekenbereich.
Viele Lichter sind zwar an, es wirkt kneipentypisch, aber dunkel und düster. Genau darin liegt eben der Charme. An einem der hellsten Orte in dem etwa 80 Quadratmeter großen Innenbereich sitzt Theodoros Sargiannidis bei einem Glas Wasser auf einem alten Barhocker. Theo, wie er von seinen Gästen genannt wird, ist seit 2016 Inhaber der „Alten Heuwaage“. Zuvor hatte der Gütersloher Kultkneiper Eckhard Fischer-Fürstenau die Gaststätte geleitet, ehe er mit 59 Jahren nach einer Krankheit verstarb. „Er begann hier 1981 zu arbeiten und hat die Kneipe ein paar Jahre später übernommen“, sagt Sargiannidis. Der heute 46-Jährige war zu der Zeit selbst regelmäßiger Besucher der Heuwaage. „Ecki“ ist vor allem dafür verantwortlich, wie die Kneipe heute aussieht.
„Außer ein paar notwendigen Sanierungsarbeiten ist hier alles so wie früher“, stellt der engagierte Wirt Sargiannidis fest. Kühleinrichtungen, Sanitäranlagen und das ein oder andere technische Gerät wurden ersetzt. Nicht aber diejenigen Elemente, die die Atmosphäre in der Heuwaage ausmachen – das sei genau so gewollt gewesen. Der Sound, vornehmlich Klassiker der 1970er- und 1980er-Jahre, ist unverändert geblieben, das Innenleben der Kneipe auch.
In einer Ecke platziert ist ein Wagenrad aus Holz. Es symbolisiert die Geschichte des denkmalgeschützten Gebäudes. „Das Haus soll von 1820 sein, seit 182 Jahren soll es eine Kneipe beherbergen“, erwähnt Sargiannidis. Früher wurde hier Heu gewogen. Das erklärt den Kneipennamen.
Der Gast wird heute gefühlt 50 Jahre zurückgesetzt. Die Dartscheibe ist zwar neu und elektrisch, die klingelnden Spielautomaten verleiben sich Euro statt D-Mark ein. Aber beim Rundgang durch das Gasthaus fällt auf, dass es auch ein Museum sein könnte. Alte Straßenschilder pflastern die Wände: von der Goetheallee und in Erinnerung an den Vorbesitzer bis zum Eckardtsweg. In der Ecke des Thekenbereichs ein Schild, das ironisch auf eine „Irrenanstalt“ hinweist.
„Vom Etablissement her könnte das hier auch eine Kiezkneipe sein“, vergleicht Stammgast Jens. Hier duzt man sich. Seit „unzähligen Jahren gastiere ich in der Heuwaage“, gesteht er. „Solche urigen Kneipen sind in der Region kaum noch zu finden.“
Sargiannidis kann auf drei Mitarbeitende zurückgreifen, darunter Alina Breutmann, die den Gästen gerade König Pilsener serviert. Er steht selbst am Freitag und Samstag hinter der Theke. Denn nebenan betreibt der gelernte Gastronom das griechische Restaurant „Ellina-diko“ und kocht dort. Ein Glücksgriff für ihn, weil die Wege kurz sind, um beide Gaststätten zu betreiben. Für die Kneipe ohne Küche ist es eine Bereicherung. Das Essen – von Schnitzel, über Gyros mit Pommes und anderen Fleischspezialitäten – wird in der Heuwaage geordert, ein Haus weiter zubereitet und in der Heuwaage serviert.

Theodoros Sargiannidis
Unter den Ulmen 4, 33330 Gütersloh
Telefon: 05241/2232888, Mobil: 0160/8227728
Internet: www.alte-heuwaage.de
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag ab 17 Uhr

Text und Fotos: Noah Wedel


Von der kleinen Kneipe zur großen Gaststätte

Von einer kleinen Kneipe mit Tankstelle zur Gaststätte mit Saal, Biergarten und Kegelbahn - die Gaststätte Falke in Harsewinkel hat eine erstaunliche
Wandlung vollzogen. Seit mehr als 50 Jahren ist sie in Familienhand.

Fast etwas unscheinbar wirkt die Gaststätte Falke von außen, gelegen am Rand von einem Industrie-Mischgebiet in Harsewinkel. Der Eindruck ändert sich jedoch, sobald man durch die Eingangstür tritt. Alle Blicke werden sofort von den Wänden angezogen. Es bietet sich ein Anblick, der sicherlich schon einige Augen zum Staunen gebracht hat. Zu sehen sind Malereien, die das Städtchen Harsewinkel zeigen, wie es früher aussah. Die Bilder sind das Markenzeichen der Gaststätte. Was genau dahintersteckt, das wird Inhaber Hans-Joachim „Jochen“ Falke später erklären.

Erst als der Betrachter all die Kunstwerke auf sich hat wirken lassen, bemerkt er, was das Lokal sonst alles zu bieten hat. Direkt in der Mitte vor der Theke steht ein – wenn auch nicht ganz echter – Baum, der eine natürliche Atmosphäre schafft. Zur linken Hand geht es in einen großen Saal. Hier sind die Wände mit Sprüchen verziert, im gleichen Stil wie im Thekenbereich. In der Ecke hat der Saal seine eigene kleine Theke. Zurück durch den Hauptraum geht es nach hinten zu zwei Kegelbahnen und nach draußen in den Biergarten, wo das angenehme Plätschern des Bachs, der sich zwischen Tischen und Stühlen hindurchschlängelt, zu hören ist.

Die Gaststätte Falke hat eine Entwicklung hingelegt, mit der wohl wahrlich nicht jeder gerechnet hätte. Waltraud Falke eröffnete im Jahr 1970 eine kleine Gaststube am Westfalendamm in Harsewinkel, dazu eine kleine Tankstelle. Die gibt es inzwischen nicht mehr – statt der Autos kommen heute nur noch Menschen zum „Tanken“ zu den Falkes. Doch nicht nur das. Das Familienunternehmen hat die Gaststätte in den vergangenen 50 Jahren vielfach erweitert: Um einen großen Saal, in dem viele rauschende Feste gefeiert wurden, einen einladenden Biergarten, in dem man im Sommer frische Kaltgetränke genießen kann, und zwei Kegelbahnen, die von etlichen Clubs bespielt werden.

All das zieht ein bunt gemischtes Publikum in die Gaststätte – für Jochen Falke macht das den besonderen Reiz seines Lokals aus. Da sind die zahlreichen Vereine, die regelmäßig einkehren. Zu den weiteren Stammgästen gehören sowohl der Arbeiter, der im Blaumann sein Bier und sein frisch zubereitetes Schnitzel genießt, als auch der Anzugträger.

 

Gaststätte Falke
Westfalendamm 2, 33428 Harsewinkel
Telefon: 05247 2451
Internet: www.gaststätte-falke-harsewinkel.de
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag 11 bis 14 Uhr und 17 bis 24 Uhr

 

Text: Andi Kleinemeier, Fotos: Hubert Kemper