Es ist mehr als ein jahrelang gehegter Wunsch, es ist die Erfüllung eines Lebenstraums: Mit dem Umzug von Atelier und Galerie in die „Alte Lederfabrik“ in Halle im Kreis Gütersloh hat der Warendorfer Künstler Dirk Groß ein neues berufliches Zuhause gefunden.
Der 58-Jährige nennt es augenzwinkernd „meine letzte Wirkungsstätte“, und weil er sich auf noch viele kreative Schaffensperioden dort einstellt, hat er beim Umbau versucht, mit der Erfahrung aus drei Jahrzehnten beruflicher Tätigkeit „diesmal alle Fehler zu vermeiden“, die die freie künstlerische Entfaltung einschränken könnten.
Dabei war Groß über Monate mehr Handwerker als Künstler, denn die Umgestaltung der Fabrikhalle hat er mit viel Eigenleistung geschultert. Während Fenster und Haustechnik inklusive der für die öffentliche Nutzung notwendigen Umbauten von der Vermieterin übernommen wurden, hat er mit Unterstützung von Freunden und Fachfirmen zusätzliche Abtrennungen eingezogen, Fußböden, Wände und Decken renoviert, ohne den Charme der alten industriellen Baukultur zu verfremden.
Priorität dabei galt der Einrichtung einer Galerie auf 350 Quadratmetern, die am 6. Juli mit der ersten Ausstellung postmoderner und zeitgenössischer Kunst eröffnet wurde. Arbeiten von Mitstreitern aus dem Kreiskunstverein Beckum-Warendorf wie des Fotografen Matthias Gödde (Beckum) und der Malerin Theora Krummel (Warendorf) sowie von Joachim Jurgelucks (Melle) präsentierte Galerist Groß dort ebenso wie Werke von Carola Dewor (Tübingen), aber auch von Größen wie Salvador Dalí, Erich Heckel, Karl-Otto („K.O.“) Götz und Johann Georg Müller. Ein ausgeklügeltes Beleuchtungskonzept des Warendorfer Lichtdesigners Michael Kantrowitsch sorgt dafür, dass die ausgestellte Kunst in den lichtdurchfluteten Galerieräumen auch dann optimal zur Geltung kommt, wenn die Sonne nicht lacht.
Die Öffnungszeiten der Galerie sind jeden Samstag von 11 bis 16 Uhr und nach Absprache. Kunstführungen, Lesungen und Konzerte sollen das Angebot ergänzen. Dabei geht es dem Galeristen Dirk Groß nicht nur um den kommerziellen Erfolg, Bilder zu verkaufen. „Ich möchte meine Besucher bewegen, die Kunst soll sie berühren. Sie sollen mit einem Glücksgefühl hier wieder herausgehen.“ Wenn der Galerist sich als „guten Kunstvermittler“ bezeichnet, dann denkt er nicht nur an Handel mit Kunst, sondern sieht sich als Erzähler, der seinen Besuchern und Kunden zu jedem ausgestellten Werk eine Hintergrundgeschichte vermitteln kann. Gut und authentisch mache er es deshalb, „weil ich über meine eigene Begeisterung sprechen kann“, sagt er so überzeugt wie überzeugend.
Die Biografie von Dirk Groß weist Wendungen und Brüche auf. Geboren in Dessau als drittes von fünf Kindern eines Modellbauers und einer Krankenschwester, hat er schon früh seine künstlerische Ader entwickelt. „Wenn andere Kinder einen Schneemann gebaut haben, wurde das bei mir eine Skulptur. Bei Waldwanderungen habe ich mich nie an die vorgegebenen Wege gehalten, sondern habe mich durchs Dickicht geschlagen.“ Gemalt habe er gefühlt schon immer, wobei er sich dank seiner Beobachtungsgabe viel abgeguckt hat. „Ich habe mir alles selbst beigebracht“, sagt der Künstler und ist stolz darauf, Autodidakt zu sein.
Was ihn bis heute motiviert hat zu malen? „Es ist ein inneres Raunen, dem ich einfach nur folge“, sagt Dirk Groß. Aber er hat auch Skulpturen gestaltet, Musik gemacht und Gedichte geschrieben. Geprägt vom Leben in der damaligen DDR, entdeckte er den Sport, wurde erfolgreicher Amateurboxer. Und Offiziersanwärter. „Ich liebte mein Heimatland“, sagt er rückblickend und nachdenklich. Doch dann habe er begonnen, eigene Einstellungen und die Politik zu hinterfragen, verweigerte den Dienst an der Waffe. Mit 18 Jahren machte der „Systemfeind“ 1984 rüber in den Westen.
Seine beruflichen Stationen waren bunt: Vom „Drücker“ zum Versicherungskaufmann, Landschaftsgärtner, Landarbeiter und Tiefbauer. Schließlich wurde er Fernfahrer, lebte in Spanien, Italien und Frankreich. „Meine Reise durch das Leben ist geprägt durch das Beschreiten neuer Wege. Umwege. Selten waren es direkte Pfade“, sagt der 58-Jährige über sich selbst. Es war ein Galerist, dem 1996 zufällig die kleinen Kunstwerke auffielen, die Dirk Groß rahmen wollte, um sie als Mitbringsel Freunden zu schenken. „Ich bin doch nur Lkw-Fahrer“, entgegnete Dirk Groß dem Mann auf die Frage, ob er seine Passion nicht zu Profession machen wolle. Und er gab ihm eine Publikation über Salvador Dali zum Lesen mit. Eine Initialzündung. Seitdem arbeitet Groß als freischaffender Künstler und setzt seine „Lebensreise in jeder Leinwand, in jedem Pinselstrich fort“, wie er sagt.
Über die verschiedenen Schaffensperioden war sein Stil sehr unterschiedlich, aber immer sehr abstrakt. Dass er neuerdings die Abstraktion mit bis zu fotorealistischen Elementen verschmelzen möchte, hat auch etwas mit gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu tun: „Die Welt ist so schräg, weil Dummheit gekrönt und dem Narzissmus eine Bühne gegeben wird“, blickt er mit Sorge auf die Tendenz zu totalitären Strukturen weltweit. Deshalb möchte er durch zeichnerische Darstellungen seiner Kritik „mehr Sichtbarkeit“ verleihen und dazu beitragen, dass den „Großmäulern und Milliardären dieser Welt“ die Gefolgschaft aufgekündigt wird. Runterziehen lassen wolle er sich aber nicht. Den Rat gibt er allen Menschen und warnt vor den schlechten Nachrichten. Es gelte, sich stattdessen lieber vorzunehmen, „jeden Tag mit einem neuen, positiven und kreativen Gedanken aufzuwachen“. Und eben: Wieder mehr wagen, nicht schon am Anfang ans Scheitern denken, einfach machen. Und wenn man fällt, wieder aufstehen.
Kontakt
■ Atelier Dirk Groß
Alleestraße 64 in 33790 Halle/Westfalen
Mobil: +49 157 780 852 17
E-Mail: info@atelier-dirk-gross.de
Öffnungszeiten: samstags 11 bis 16 Uhr
Text: Peter Wild, Fotos: Peter Wild, Andrea Groß
Sie misst nur 1,56 Meter. Aber ihre Energie scheint unermesslich. Eine Powerfrau. Eine, die inspiriert und motiviert, aber auch irritiert und polarisiert. Nirgül Kantar-Dreesbeimdieke, die deutsche Aktions- und Performancekünstlerin mit türkischen Wurzeln und Wohnsitz in Isselhorst, ist schon Hunderte von Kilometern über Straßen, aber auch über holprige Waldwege und sandige Pisten gezogen. Sie hat mit dem Rad die Ardennen gemeistert und barfuß eiskaltes Gletscherwasser in Norwegen durchquert. Alles für die Kunst. Alles für eine besondere Idee. Angst vor Herausforderungen hat sie nicht: „Daran wachse ich.“
Hindernisse jedweder Art überwindet sie: „Dazu sind sie doch da.“ Ein Armbruch ist für sie kein Grund zum Innehalten: „Ist ja kein Beinbruch.“ Wer bei diesem Temperamentsbündel mithalten will, der braucht einen langen Atem.
„Ich kann nicht anders, ich bin eben durch und durch Künstlerin. Ein vielschichtiges Gesamtpaket. Aber nennt mich einfach nur Nirgül“. So stellt sie sich gern vor, wenn man sie mitten im beschaulich-dörflichen Gütersloher Stadtteil Isselhorst besucht. Im Schatten des Kirchturms hat sie ihr Atelier. Dort malt sie, zeigt eigene Ausstellungen, aber auch Werke anderer. Sie erschafft – nach eigens patentiertem Verfahren – poetisch wirkende, lichtdurchlässige Skulpturen aus speziellen Klebetropfen und tüftelt immer wieder besondere Projekte aus, die bei den einen anerkennendes Staunen, bei anderen ungläubiges Kopfschütteln erzeugen. So wie das Projekt „Europas Künstlerweg“.
2020 hatte die überzeugte Europäerin angesichts des zunehmend nationalistischen Gedankenguts die Idee, durch einen einzigartigen Kunst-Marathon den Europagedanken erlebbar zu machen, Länder und Menschen wieder näher zusammenzubringen, für Offenheit Toleranz und Frieden zu werben. Ihr erklärtes Ziel: Bis 2030 die Staaten der Europäischen Union zu durchwandern und dabei nicht die eigenen, sondern wechselweise die Bilder von Künstlern und Kreativen aus den durchstreiften Regionen auf einer eigens angefertigten, fahrbaren Staffelei von einem Ort zum anderen hinter sich herzuziehen. Überwiegend zu Fuß, manchmal auch mit dem Fahrrad.
Immer unterwegs in leuchtend gelben Kleidern, wollte – und will – Nirgül mit diesem Mammut- und Inklusionsprojekt nicht nur Aufmerksamkeit für die Kunst an sich erzeugen, sondern auch ein Netzwerk erschaffen, das alle Beteiligten – mit und ohne Handicap, auch und gerade jenseits der Metropolen in den Fokus rückt. Sie selbst sucht die Werke für den Transport aus, bemisst ihren Wert vor allen nach der Geschichte, die hinter jedem Bild steht. „Ich hinterfrage Menschen nicht, ich akzeptiere sie so, wie sie sind und mit dem, was sie machen. Setzen sie schöne, emotionale Gedanken in Kunst um, so berührt und trägt mich das. Das ist entscheidend“, erklärt die Isselhorsterin.
Der 55-Jährigen geht es aber auch darum, durch Begegnungen und Gespräche über ihre Aktion sowohl das individuelle als auch das gesellschaftliche Interesse an Kunst und Kultur auf niedrigschwellige Art und Weise zu fördern, und die Kulturlandschaft Europas in ihrer reichen Vielfalt abzubilden. Ein hehrer Anspruch, der Nirgül schon früh die Aufmerksamkeit von Sabine Verheyen, damals noch Vorsitzende des Kulturausschusses im Europäischen Parlament, heute dessen Vizepräsidentin, sicherte. Die CDU-Politikerin ist ein erklärter Fan der Aktionskünstlerin geworden. Sie war beim Startschuss des Mammutprojekts im April 2023 in Isselhorst ebenso dabei wie beim Staffelfinale der zweiten Tour im November 2024 im finnischen Lappeenranta. Nun freut sie sich darauf, Nirgül zum krönenden Abschluss ihrer gerade gestarteten dritten Tour im November in Brüssel am Europaparlament begrüßen zu dürfen.
Auf ihrer ersten Tour absolvierte sie per pedes und mit dem Rad insgesamt 1300 Kilometer quer durch die Beneluxländer. Schritt für Schritt und immer mit der Kunst im Schlepptau – bis sie am 14. Juni 2023 im luxemburgischen Schengen ankam. Genau passend zum Jahrestag des dort 1985 unterzeichneten Schengener Abkommens, das den Grundstein für ein grenzenloses, freies Europa legte.
Denkt Nirgül an ihre zweite Tour, die sie 2024 über vier Monate durch Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland führte, dann kommt sie ins Schwärmen. „Skandinavien hat mich innerlich groß gemacht. Diese unglaubliche Natur und die vielseitige Wertschätzung meines Projekts — was für ein Reichtum an Erleben!“
Zum Staffelfinale am 21. Oktober 2024 im finnischen Lappeenranta erwarteten sie vertraute Kooperationspartner: EU-Vizepräsidentin Sabine Verheyen und das Orchester der luxemburgischen Behinderteneinrichtung Elisabeth Handicap. So wurde Europas Künstlerweg selbst unmittelbar an der russischen Grenze gefeiert – mit drei Konzerten und einer Open-Air-Ausstellung aller von Nirgül in Skandinavien getragenen Bilder.
Das alles ist mehr als ein halbes Jahr her. Zeit, die Nirgül zur Planung ihrer dritten Tour genutzt hat. Ziel ist diesmal die nicht zur EU gehörende Türkei, wo die Aktionskünstlerin unter anderem mit Studierenden der Firat-Universität in ihrer Geburtsstadt Elazig arbeiten wird. Am 23. April ist sie gestartet, um Slowenien und Österreich, aber auch die Schweiz und Liechtenstein zu besuchen.
Insgesamt will Nirgül diesmal „nur“ 600 Kilometer zu Fuß bewältigen, ansonsten die ausgewählten Stationen mit dem Auto erreichen. Europas Künstlerweg fordert eben selbst von solch einem Energiebündel wie ihr seinen Tribut. Die bisherigen Anstrengungen haben sie 30 Kilo verlieren lassen und ihr ein Limit signalisiert. Was Nirgül aber nicht daran hindert, für 2026 schon mal die Zwergstaaten Andorra, Monaco und San Marino als EU-Satellitenländer für ihren Künstlerweg ins Auge zu fassen. Und nicht zu vergessen: Zwischendurch arbeitet sie mit großer Leidenschaft an eigenen neuen Werken – „ich muss ja auch mal wieder Geld verdienen. Ein 1,56 Meter großes Kraftpaket. Eine echte Powerfrau.
Kontaktdaten:
Galerie Nirgül
Issselhorster Kirchplatz 12 in
33334 Gütersloh
Telefon: 0 52 41 / 9 61 91 55
E-Mail: info@nirguel.de
Text: Doris Pieper, Fotos: privat
Der Schatten. Dunkler Begleiter von Lebewesen oder Objekten, immer an diese gebunden. Eine optische Doppelung ohne Eigenleben. Wirklich? Die Künstlerin Martina Lückener sieht‘s anders. Durch Veränderungen der Perspektive, Verzerrungen, Bearbeitungen verleiht sie dem schemenhaften Abbild überraschende Dynamik und eine autonome Ästhetik. Befreit es aus seinem Schattendasein. Konturen, Strukturen und Schattenbilder sind es, die die Künstlerin aus Ostbevern seit Langem faszinieren und zu ihren Arbeiten inspirieren. Das wird beim Besuch ihres Ateliers am münsterschen Hawerkamp schnell offenbar.
Schon der Weg zum Arbeitsraum auf dem ehemaligen Industriegelände am Hafen gerät zu einer Reise durch ein Schattenreich. Im früheren Verwaltungsgebäude einer Baufirma geht es durchs unwirtlich-düstere Treppenhaus bis in den zweiten Stock, wo sich Lückeners weiß gestrichenes und hell erleuchtetes Atelier wie eine Lichtinsel präsentiert. Ein zierlicher goldgerahmter Spiegel plus verspielter, mit bunten Kerzen garnierter Ablage über dem Handwaschbecken schafft augenfälligen Kontrast zu den zumeist monochromen Grafiken, Zeichnungen und Objekten, die hier die Szene beherrschen. Mal abgesehen von den Sitzkissen in Gestalt von Baumscheiben, die sich ebenfalls nicht so ohne Weiteres in das Ambiente einfügen wollen. Sie signalisieren: Die Inhaberin ist naturverbunden, erinnert sich gerne an ihre Kindheit, das Leben am Waldrand.
Der Blick aus dem Atelierfenster zeigt indessen die Gegenwelt: Das von der Nutzergemeinschaft selbst verwaltete „KultUrgelände Hawerkamp“ ist einerseits von Vergänglichkeit, andererseits von konstruktiver Dynamik geprägt. Die ist es, gepaart mit einer guten Arbeitsatmosphäre und der Verortung in der Stadt, die den Atelierplatz für Martina Lückener seit 2006 wertvoll macht. Nicht zu vergessen der besondere Reiz von Kooperationen mit anderen Kunstschaffenden, die sich hier angesiedelt haben.
Und wie lässt es sich hier wirken? Um eine kleine Demonstration ihrer Arbeitsweise gebeten, zögert die Künstlerin nicht lange. Nimmt an ihrem Arbeitstisch Platz, legt den Kopf auf einen weißen Bogen Papier und umreißt mit dem Zeichenstift mehrfach das eigene Profil. Ein konturenhaftes Selbstporträt entsteht. Eines von vielen, die hier in einem Grafikständer inmitten des Raums zu finden sind.
Beileibe nicht jedes der von der Hausherrin geschaffenen Werke würde darin Platz finden. Für Martina Lückener gilt nach ihren eigenen Worten die Devise: „Groß arbeiten, groß denken“. Das drückt sich unter anderem in den Formaten ihrer Arbeiten aus. Der Schatten ihrer radfahrenden kleinen Schwester inspiriert sie 1999 zu ihrem ersten Schattenriss. Das 3,50 Meter hohe Werk trägt den Titel „Einradfahrer“. Und es zeigt bereits: Die Schatten in Lückeners Bildern lösen sich sozusagen von ihrem Ursprung, entwickeln ein ästhetisches Eigenleben, werden selbst zum Objekt.
„Etliches entsteht durch Wahrnehmen“, sagt die Künstlerin. „Ich erstelle viele Fotos und Zeichnungen, versuche daraus etwas zu entwickeln.“ Papier als Medium bietet sich für die Umsetzung an. Erstens ist es preiswert, zweitens erlaubt es sehr große Formate. Was aber nicht bedeutet, dass sich Lückener auf eine Technik festgelegt hat. Im Gegenteil: Sie experimentiert gerne mit Materialien von Filz über Acryl bis hin zu Stahl oder Glas. „Etwas Forschergeist ist mir wichtig. Durch die Inhalte der künstlerischen Arbeit ergeben sich verschiedene Techniken mit unterschiedlichen Materialien“, erläutert sie.
Schon als Kind entdeckt die 1975 in Telgte geborene und in Ostbevern aufgewachsene Martina Lückener ihr Herz fürs Zeichnen und Malen. „Mein Vater arbeitete im Wald, meine Mutter als Hausfrau“, erzählt sie. Sie wuchs gemeinsam mit vier Geschwistern auf, die Eltern bewirtschafteten einen kleinen Hof als Nebenerwerbs-Landwirte. „Mit Kunst war da nicht viel“, blickt die Tochter zurück. Gleichwohl erfährt sie in ihrem bodenständigen Umfeld früh die Unterstützung ihrer Eltern dabei, ihrem Drang zum künstlerischen Ausdruck konsequent zu folgen. Nach dem Abitur nimmt sie 1996 ein Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie in Münster auf, wird später Meisterschülerin bei Professor Gunther Keusen. Immer mit der klaren Perspektive, von ihrer Arbeit leben zu können. Ein Reisestipendium der Kunstakademie nach Madrid und erste Preise bestätigen sie schon bald.
2005 schloss sie an der Fachhochschule Münster ein Studium als diplomierte Grafikdesignerin ab. Von diesem Zeitpunkt an ist sie als freischaffende Künstlerin tätig. Etwa zwei Jahre später jedoch sieht sie sich genötigt, ihren Berufsweg zu überdenken. „Ich hatte in 14 Ausstellungen keine einzige Arbeit verkauft“, erinnert sie sich an den Grund, einen „Plan B“ ins Auge zu fassen. „Ich habe angefangen mich auch künstlerisch mit Themen zu befassen, die mich wirklich interessieren und gleichzeitig auch für andere wichtig sein können.“ Und seit jeher ist für sie auch der Gedanke bedeutsam, dass sich künstlerische Auseinandersetzung nicht nur im Elfenbeinturm abspielen sollte. „Ich wollte schon immer die Kunst zu den Menschen bringen“, fasst die Künstlerin ihre Position zusammen.
Kein Wunder also, dass Objekte im öffentlichen Raum einen besonderen Stellenwert im Œuvre Martina Lückeners einnehmen. In ihrer Heimatgemeinde Ostbevern realisiert sie 2011 die Skulpturengruppe „Frei(Luft)Schwimmer“ am Ufer der renaturierten Bever, gestaltet später in Kooperation mit dem Kinder- und Jugendwerk Ostbevern einen Kreisverkehrsplatz mit drei jeweils mehr als vier Meter hohen Figuren. Titel: „Vielfalt hält zusammen“. Im Vier-Jahreszeiten-Park in Oelde tritt sie mit dem Objekt „Schaukeln“ aus transparentem rotem Acryl den Beweis an, dass Schatten nicht notwendigerweise schwarz sein müssen.
Die Liste von Ausstellungen, Preisen und Veröffentlichungen Martina Lückeners ist inzwischen stattlich. Im Juli und August wird sie ihre Werke gemeinsam mit Theora Krummel im Rahmen einer Geburtstagsausstellung in der Ausstellungshalle Am Hawerkamp präsentieren. Dann wird sie 50 und kann Zwischenbilanz einer erfolgreichen künstlerischen Laufbahn ziehen. Die im Gegensatz zu ihrem Werk viel Licht und wenig Schatten aufweist.
Kontaktdaten
Martina Lückener
Am Hawerkamp 31/G in 48155 Münster
E-Mail: martina.lueckener@gmx.de
Internet: www.martina-lueckener.de
instagram: martina.lueckener
Text: Stefan Clauser, Fotos: Stefan Clauser, privat